Schuldmythen und das Dilemma der schwarzen Null

In unserem Sprachgebrauch ist der Begriff Schuld eindeutig negativ besetzt. Tatsächlich macht die deutsche Sprache keinen Unterschied zwischen Schuldner und Kreditnehmer. Auch das zweite Buch des BGB trägt den Titel Schuldrecht bzw. Recht der Schuldverhältnisse, obwohl es überwiegend um Vertragsverhältnisse geht. Semantisch tief verankert ist der Schuldbegriff zudem durch das mea culpa des katholischen Schuldbekenntnisses, das dogmengeschichtlich auf die Erbsünde verweist. Schuld und Sünde liegen von daher in unserer subjektiven Wahrnehmung sehr nahe beieinander.

Somit ist es wenig verwunderlich, dass wir auch die Staatsschulden in einem negativen Licht sehen. Zu gerne sprechen wir ja auch von den ‚Schuldensündern‘ im Süden Europas. In dieser Diktion sind sie die Sünder, die Schuld auf sich geladen und uns in diese Krise geführt haben. Hier drei typische Beispiele aus dem Handelsblatt, Spiegel und FOCUS.

Aus persönlicher Erfahrung weiß so mancher, wie schwer es sein kann, von seinen Schulden wieder loszukommen, wenn man mal den Überblick verloren hat oder das Schicksal einem übel mitgespielt hat. Aus individueller Sicht sind von daher Schulden immer etwas Schlechtes, wohingegen Guthaben etwas Gutes sind. Das steckt ja schon in dem Wort ‚Gut‘ und ‚Haben‘ drin. Es ist eben gut, wenn man etwas hat; Hauptsache es sind keine Schulden.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, bei wem wir etwas ‚gut‘ haben, wenn wir z. B. auf dem Festgeldkonto 10.000 Euro haben? Nun muss man wissen, dass unser Geldsystem ein sogenanntes Schuldgeldsystem ist. Das heißt, ein Guthaben auf unserem Girokonto kann nur dann entstehen, wenn sich irgendein anderer bei einer Bank verschuldet hat. Denn Geld ist nichts anderes als umlauffähige Schulden. Wem dies nicht klar sein sollte bzw. für wen diese Aussage neu ist, sollte erst diese zwei Beiträge lesen: Geldmythen und Bankmythen. Kenner der Materie finden aber vielleicht auch noch die eine oder andere neue Erkenntnis.

Wir können also als ersten Zwischenschritt festhalten: Geldvermögen und Geldschulden sind zwei Seiten derselben Medaille. Geldvermögen/Guthaben können nur dann gebildet werden, wenn sich ein anderer hierfür zuvor verschuldet hat. Dies bedeutet aber zugleich, dass die Summe allen Nettogeldvermögens auf aggregierter Ebene immer gleich Null ist. In einem Kreditgeldsystem ist die Summe aller Kredite exakt so hoch wie die Summe aller Guthaben. Die Schuld des einen ist das Guthaben eines anderen.

Es gibt allerdings einen großen Unterschied zwischen Gläubiger und Schuldner: Während der Schuldner aufgrund des Kreditvertrages genau weiß, wann er bei seiner Bank den Kredit zurückzahlen muss, gibt es für den Gläubiger keinen Termin, wann er sein Guthaben durch Käufe reduzieren muss. Denn Geld ist ein abstraktes Schuldverhältnis, das mit dem zugrunde liegenden Kausalgeschäft nichts zu tun hat. Wer hierbei an das Wechselrecht denkt, liegt richtig; nur, dass Geld noch eine Stufe abstrakter ist (unser heutiges Geldsystem basiert entwicklungsgeschichtlich auf dem Wechsel).

Es gibt also einen zeitlichen Druck für den Schuldner, während es diesen Druck beim Gläubiger nicht gibt. Da es aber nicht nur einen Schuldner und nur einen Gläubiger gibt, sondern sehr viele Schuldner und sehr viele Gläubiger, kommt es hier gewöhnlich zu einem Ausgleich. Und wenn es ein Schuldner mal nicht schafft, dann gibt es entweder eine Anschlussfinanzierung durch die Bank oder aber einen Schuldenerlass im Rahmen eines Vergleichs bzw. einer Insolvenz, die aber zugleich auch das Guthaben (die Forderung) der Bank und somit deren Eigenkapital in gleicher Höhe kürzt. Für diesen Fall kassiert die Bank ja auch unter anderem von allen Kreditnehmern Zinsen als kollektive Versicherungsprämie, um das Ausfallrisiko abdecken zu können.

Schulden und Guthaben müssen also immer zusammen gedacht werden. Es stimmt von daher irgendetwas nicht mit der Geschichte, dass Schulden immer schlecht sind und wir von daher keine Schulden machen dürfen. Wir müssen also mehr differenzieren: 1. wer verschuldet sich und 2. wofür werden die Schulden gemacht?

Grundsätzlich können Schulden investiven oder konsumtiven Charakter haben. Tatsächlich ist es manchmal aber gar nicht so einfach, zwischen investiven und konsumtiven Ausgaben zu unterscheiden. Ist der Kauf eines Autos eine Investition oder aber doch Konsum? Für den selbstständigen Taxifahrer dürfte die Sachlage klar sein. Bei einem Arbeitnehmer schon nicht mehr so sehr; vielleicht benötigt er das Auto ja, um zu seiner Arbeitsstelle zu kommen, die 60 km entfernt liegt und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in angemessener Zeit nicht zu erreichen ist. Noch schwieriger wird es bei vielen staatlichen Ausgaben. Ist der Bau einer neuen Kindertagesstätte eine Investition oder aber Staatskonsum? Wie sieht es aus mit den Gehältern der Erzieherinnen vor Ort? Handelt es sich um investive oder doch eher um konsumtive Ausgaben? Wollen wir den Staatskonsum zurückfahren? Bei welchen Ausgaben fangen wir an? update 18.03.2016: siehe hierzu auch „The golden rule of borrowing to invest“

Schon von frühester Kindheit an wird uns beigebracht, dass Sparsamkeit eine Tugend ist. Symbolhaft steht hierfür das Sparschwein, das wir regelmäßig füllen, damit wir uns später mal etwas leisten können. Was aus individueller Sicht gut ist, muss aber noch lange nicht für die Gesamtheit der Bürger eines Staates oder einer Staatengemeinschaft gelten. Was passiert nämlich, wenn die Geldersparniswünsche höher sind als die Verschuldungswünsche?

Hier kommt nun der Trugschluss der Verallgemeinerung ins Spiel (auch Trugschluss der Komposition genannt bzw. fallacia compositionis). Viele von Ihnen werden das Theaterbeispiel kennen. Wenn einer aufsteht, dann kann er besser sehen. Daraus zu schließen, dass alle besser sehen können, wenn alle aufstehen ist allerdings ein Trugschluss. Noch schlimmer: Das Ergebnis ist sogar schlechter, da wir ja nun alle auch noch stehen müssen.

Einem ähnlichen Trugschluss unterliegt Herr Schäuble (und mit ihm viele andere), wenn er für sich/uns alle die schwarze Null proklamiert. Dahinter steckt letztlich die schwäbische Hausfrauenlogik, dass wir nur alle Sparen müssen, damit wieder alles gut wird. Sparen heißt in der Logik von Herrn Schäuble, dass wir alle weniger ausgeben sollen. Das Problem hierbei: Wenn wir alle weniger ausgeben, dann nehmen wir alle auch weniger ein. Warum? Weil die Ausgaben des einen immer zugleich die Einnahmen des anderen sind. Wie sollen dann aber die Schuldner ihre Schulden begleichen können, wenn wir alle gleichzeitig unsere Ausgaben zurückführen wollen/sollen? Antwort: Das geht nicht! Zumindest nicht ohne weitere große Katastrophen.

Wir können also als zweiten Zwischenschritt festhalten: Die Einnahmen des einen sind immer die Ausgaben des anderen.

Im nächsten Schritt wollen wir uns der Frage nähern, welche Folgen es hat, wenn sich keiner mehr verschulden will, weil Schulden ja angeblich etwas Schlechtes sind. Dies hätte zur Folge, dass keine neuen Guthaben entstehen können. Guthaben entstehen bei vielen von uns aber durch Lohnzahlungen. Wenn sich keiner mehr verschulden will (oder aber bestehende Geldguthaben nicht abbauen möchte), alte Schulden aber einen Fälligkeitstermin haben, dann gerät das Gleichgewicht aus Kreditaufnahme und Kredittilgung außer Kontrolle. Es muss also immer gewährleistet sein, dass Einnahmen und Ausgaben zueinander passen. Dies war bis zu Beginn der Finanzkrise auch der Fall; allerdings auf Basis eines nicht nachhaltigen Schuldenaufbaus, der zu der heutigen asymmetrischen Schulden- und Vermögensstruktur zwischen Nord- und Südeuropa geführt hat.

Wie stellt sich nun die Einnahmen- und Ausgabensituation auf volkswirtschaftlicher Ebene dar. Auf hochaggregierter Ebene gibt es in einer geschlossenen Volkswirtschaft nur zwei Sektoren. Den Staat (St) sowie die Privaten (Pr). Die Privaten könnte man jetzt noch unterteilen in Haushalte und Unternehmen, ist aber für die Analyse der schwarzen Null ohne Bedeutung; insbesondere, da die deutschen Unternehmen mittlerweile ebenfalls zum Nettosparer mutiert sind. Es gilt für die Finanzierungssalden (Einnahmen minus Ausgaben) folgende Gleichung in einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne Ausland:

Pr + St = 0

Das heißt, die Summe der Finanzierungssalden einer geschlossenen Volkswirtschaft beträgt immer Null. Möchte der Privatsektor also als Ganzes einen Einnahmeüberschuss erzielen, dann muss der Staat einen Ausgabeüberschuss erzielen. Einen Ausgabeüberschuss kann man aber nur über zusätzliche Schulden oder den Abbau von bestehenden Guthaben erzielen. Stellen wir die Gleichung um, wird deutlich, dass die zusätzliche Ersparnis des privaten Sektors der zusätzlichen Schuldenaufnahme des Staates entspricht:

Pr = – St

Nun kommt in einer offenen Volkswirtschaft der dritte Player ins Spiel: Das Ausland (Al). Hier muss man nun wissen, dass der Finanzierungssaldo des Auslands über die Leistungsbilanz bestimmt wird. Die Leistungsbilanz ist sehr vereinfacht ausgedrückt der Saldo aus Importen und Exporten. Wer mehr exportiert als importiert hat also einen positiven Finanzierungssaldo und spiegelbildlich hat dann das andere Land einen negativen Finanzierungssaldo. Da auch hier wieder gilt, die Einnahmen (Exporte) des einen sind die Ausgaben (Importe) des anderen, ist der aggregierte Weltleistungsbilanzsaldo null. Aus Sicht eines einzelnen Landes sieht die Gleichung nun wie folgt aus:

Pr + St = Al

Bitte beachten Sie, dass wir auch weiterhin nur die Finanzierungssalden betrachten, also immer nur die Veränderung der Schulden bzw. der Vermögen und nicht die Vermögen/Schulden an sich. Wir betrachten also, ob unsere Schulden zunehmen oder abnehmen bzw. unsere Guthaben zu- oder abnehmen.

Wenn also der private Sektor (Unternehmen und Bürger) seine Geldersparnisse weiter erhöhen möchte, dann geht dies entweder dadurch, dass sich der Staat höher verschuldet oder aber das Ausland. Nun will Herr Schäuble aber keine neuen Schulden mehr machen. Dummerweise wollen wir Bürger aber unsere Ersparnisse erhöhen, da die Rente aufgrund der Rentenreform nicht mehr ausreichen wird. Wir müssen also jemanden finden, der unsere Ersparnisse aufnimmt. Die Unternehmen fallen weitgehend aus, weil sie nicht mehr investieren, da die Nachfrage schwach ist. Zudem sitzen viele Unternehmen auf hohen Cash-Beständen. Potenzielle Investitionen können sie also ohne neue Kredite finanzieren. Hier bleibt in logischer Konsequenz nur das Ausland übrig. Zugleich fordert aber der Schuldenpakt, dass wir alle in Europa unsere Budgetdefizite reduzieren müssen. Geldschulden lassen sich aber in der Summe nur reduzieren, wenn auch zugleich die Geldvermögen reduziert werden. Tertium non datur.

Dies ist die simple und unerbittliche volkswirtschaftliche Logik: Wer Schulden abbauen will, der muss auch Vermögen abbauen. Wer keine Schulden mehr machen will, der kann auch keine Vermögen mehr bilden.

Es kommt aber noch schlimmer: Ein großer Teil der deutschen Geldvermögen basiert auf konsumtiven Krediten des Auslands, denen kein realer bzw. nachhaltiger Sachvermögensaufbau gegenüber steht. Spanische Immobilien sind zwar reales Sachvermögen, aber unbewohnt und an der falschen Stelle fast ohne Ertragswert und somit de facto wertlos. Anleihen zur Finanzierung üppiger Gehälter und Renten im Staatsapparat in Griechenland sind nur noch eins: Vergangenes Nichts.

Die dauerhaften Leistungsbilanzüberschüsse Deutschlands (wir sind ja so stolz auf unseren Export-Weltmeistertitel) gegenüber den Ländern Südeuropas haben dazu geführt, dass die Verschuldung in diesen Ländern ein nicht mehr tragfähiges Maß überschritten hatte, da sich die für die Kredittilgung nötigen Mittel nun auf den Konten deutscher Exporteure (und somit bei den deutschen Banken) befanden. Mit Ausbruch der Finanzkrise haben die deutschen Banken den Ländern des Südens aber keine neuen Kredite mehr gewährt bzw. fällige Kredite revolviert. Die Refinanzierung der Geschäftsbanken über den Interbankenmarkt kam über Nacht zum Stillstand (der Interbankemarkt ist der Markt, an dem sich Banken untereinander Geld leihen). Damit ist der verschuldungsgetriebene Wachstumsprozess ebenfalls abrupt zum Erliegen gekommen. Als Folge gingen auch die Exporte Deutschlands in diese Länder zurück, da sie ihre Schuldentragfähigkeit nicht nur erreicht, sondern in einigen Fällen sogar deutlich überschritten hatten.

Kommen wir zurück zu unserer einfachen Gleichung:

Pr + St = Al

Denken Sie bitte daran, dass wir nur die Finanzierungssalden betrachten; also die Einnahmen und die Ausgaben (Flows), die unsere bestehenden Geldvermögen/Geldschulden (Stocks) verändern. Wenn sich das Ausland gegenüber Deutschland nicht weiter verschulden darf (Stabilitäts- und Wachstumspakt), zugleich aber die Zinsen aus den bestehenden Schulden bedienen soll, dann MUSS das Ausland zwingend einen Finanzierungssaldo von mindestens null haben und die Handelsbilanz und/oder Dienstleistungsbilanz (als Teilbilanz der Leistungsbilanz) muss einen Überschuss in Höhe der Zinszahlungen aufweisen. Auf den Extremfall Griechenland bezogen würde dies bedeuten, dass wir mindestens die Kapitaleinkünfte (Zinsen etc.) wieder für Urlaub in Griechenland ausgeben müssten. Dies wird aber nicht/kaum passieren, da die Kapitaleinkommen überwiegend den 1 % zufließen bzw. den Verwaltern der Illusionen (aka Banken und Versicherungen).

Kommen wir zurück zur deutschen Sicht. Wenn wir aufgrund der anstehenden Versorgungslücke, die vor allem durch den teilweisen Ausstieg aus der gesetzlichen Rentenversicherung entstanden ist, vermehrt sparen wollen/müssen, dann muss es jemanden geben, der diese Ersparnisse generiert und absorbiert. Im Idealfall ist dies eine Kombination aus Staats- und Unternehmensverschuldung. Viele Unternehmen sind aber inzwischen kaum noch auf Kredite angewiesen, um ihre Investitionen finanzieren zu können. Die Unternehmen fallen also aus. Das Ausland darf (und sollte) es auch nicht mehr sein.

Was folgt daraus? Wir legen die Hände in den Schoß und warten auf den Untergang (aktuelle Austeritätspolitik der schwarzen Null) oder wir spucken in die Hände und sanieren unsere marode Infrastruktur, investieren in moderne IT-Netze, fördern Bildung und Erziehung, Kultur und ÖPNV und setzen weiter auf den Ausbau regenerativer Energien. Einer muss sich für Investitionen immer verschulden. Wenn die Unternehmen es nicht mehr machen, dann macht es eben der Staat. Schulden sind nur dann ein Problem, wenn sie für konsumtive Beglückungen (Rente mit 63, Abwrackprämien, Erziehungsgeld etc.) gemacht werden, nicht aber bei investiver Verwendung.

Die schwarze Null ist in der aktuellen Situation durch nichts zu rechtfertigen. Investitionen müssen aus systemischer Sicht IMMER über Kredite vorfinanziert werden. Dies gilt umso mehr, wenn man den Ausstieg aus der gesetzlichen Rentenversicherung beschlossen hat und damit auf eine ‚kapitalbasierte‘ Altersvorsorge setzt, sich aber nun weigert, die hierfür nötigen Investitionen auch tatsächlich vorzunehmen. Entweder gibt es eine gesetzliche Rente mit impliziten Schulden oder aber eine (scheinbar) private Rente mit expliziten Schulden. Scheinbar deshalb, weil die Rente immer aus dem laufenden BIP gezahlt werden muss. Kenner der Materie denken hier an das Mackenroth-Theorem oder auch an Wilfrid Schreiber.

Die gängige Argumentation, dass wir unseren Kindern keine Schulden vererben können und die Lasten auf zukünftige Generationen verschieben dürfen, geht völlig ins Leere. Wir hinterlassen nämlich nicht nur Schulden, sondern eben auch die korrespondierenden Vermögen. Wenn wir so weiter machen wie bisher, müssen unsere Kinder nicht nur die demographische Last der geburtenstarken Jahrgänge tragen, sondern wir hinterlassen ihnen zugleich eine marode Infrastruktur. Wir ziehen immer wieder gerne den Vergleich mit der verwahrlosten Infrastruktur des SED-Regimes, merken aber nicht, dass uns unsere aktuelle Wirtschafts- und Finanzpolitik in die gleiche Sackgasse führen wird.

Wir können also festhalten:

  1. Geldvermögen und Geldschulden sind zwei Seiten derselben Medaille.
  2. Die Einnahmen des einen sind immer die Ausgaben des anderen.
  3. Wer heute keine investiven Schulden macht, sondern sogar die Ausgaben reduziert, der kann auch keine Vermögen bilden. Somit ist diese Art von Austeritätspolitik im Gewande der schwarzen Null das Gegenteil von einer generationengerechten Sparpolitik.

Da die Politik aufgrund des parasitären internationalen Steuersenkungswettbewerbs nicht bereit bzw. in der Lage ist, die hohen Einkünfte und Geldvermögen steuerlich abzuschöpfen, könnnen im bisherigen System die finanziellen Mittel für die nötigen Investitionen nur über neue Schulden aufgebracht werden. Da die Zinszahlungen aus Krediten aber zu einer weiteren Vermögenskonzentration bei den 1 % führen, stellt sich die Frage, ob es nicht auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten gibt?

Als einen gangbaren Weg hatte ich vor einem Jahr die Idee eines zentralbankfinanzierten (schuldfreien) Bürgergeldes in die Diskussion gebracht, das zugleich der Einkommenssteuer unterliegt. Damit erhöhen sich zum einen die verfügabren Einkommen der unteren Einkommengruppen überproportional (die Einkommen sind oftmals so niedrig, dass keine Einkommenssteuer anfällt), zum anderen führt dies unmittelbar zu höheren Steuereinnahmen (Einkommenssteuer der mittleren und hohen Einkommen, Umsatzsteuer aus den Käufen sowie höhere Gewinnsteuern der Unternehmen aufgrund höherer Umsätze), die dann für investive Zwecke verwendet werden können. Von einem solchen Bürgergeld profitiert jeder Bürger und zugleich der Staat bzw. die Staatenvereinigung als Gemeinschaft aller Bürger Europas. Da dieses Geld schuldfrei in Umlauf gebracht wird, kann es zugleich direkt und indirekt (über den gewollten Inflationierungsprozess) zu einer Reduktion der zu hohen Geldvermögen/Geldschulden beitragen.

Eine Alternative ist der Vorschlag von Lord Adair Turner zu OMF (also die direkte Finanzierung von Haushaltssalden über die Zentralbank), der allerdings ohne eine Änderung von Art. 123 AEUV nicht zu machen sein wird. So lange können wir nicht mehr warten, zumal dieser Vorschlag auf erhebliche Widerstände gerade auch in der deutschen Bevölkerung führen dürfte.

Die Stimmen mehren sich, die für eine Reform des herrschenden Geldsystems eintreten. Beispiele hierzu am Ende dieses Beitrags als Link.

Wenn sogar der stramm angebotsorientierte Carl Christian von Weizsäcker für höhere staatliche Investitionen in Deutschland plädiert und zugleich fordert, die Schuldenbremse aufzuheben, spätestens dann ist es höchste Zeit, dass Frau Merkel den Posten des Sparkommissars neu besetzt. Einen Schwaben brauchen wir erst dann wieder, wenn die Wachstums- und Inflationsraten eine zwei vor dem Komma aufweisen.

Zum Abschluss die Sicht des Auslands (hier die Washington Post) auf das deutsche Aderlass-Diktat:

Now, the dummkopf fiscal policies of Merkel’s government have begun to threaten even the German economy (…) By enforcing austerity on Mediterranean nations with depression-level unemployment, Merkel has become a latter-day Clemenceau, imposing a neo-Versailles that weakens support for mainstream democratic parties and politics in those countries and fosters a climate where scapegoating and bigotry thrive. That’s a hell of a legacy for a chancellor of Germany.

Frau Merkel: Hören Sie nicht auf Ihre ökonomischen Berater, die ihre Empfehlungen aus fehlerhaften ökonomischen Theorien ableiten und von daher die schwarze Null fordern. Initiieren Sie die finanzpolitische Wende in Deutschland und somit auch in Europa. Schulden sind nicht per se zu verdammen. Es gibt gute Schulden und es gibt schlechte Schulden. Aber wer in dieser Situation auch noch in Deutschland die Neuverschuldung auf Null fahren will und damit die nachhaltige Entwicklung gefährdet (Infrastruktur, Bildung etc.), der verspielt nicht nur die Zukunft Deutschlands, sondern macht es den Ländern des Südens zugleich vollkommen unmöglich auch nur einen kleineren Teil ihrer Schulden bedienen zu können. Dafür benötigen diese Länder nämlich Exportüberschüsse. Die gibt es aber nur, wenn wir mehr Güter und Dienstleistungen aus diesen Ländern käuflich erwerben. Die Einkommen hierfür werden unter anderem durch solche Investitionen generiert.

Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie haben Sie schon einmal bewiesen, dass Sie sich gegen sehr mächtige Gegner durchsetzen konnten. Sie haben zugleich die elementare Erfahrung gemacht, was es bedeutet, wenn man zu lange an einem offensichtlich falschen System festhält. Nur wenige Revolutionen gehen so friedlich aus. Die schwarze Null ist der Sargnagel für ein friedliches und vereinigtes Europa. Führen Sie die Linie von Adenauer/de Gaulle, Giscard d’Estaing/Schmidt sowie Mitterand/Kohl fort; und zwar ohne Marine Le Pen und ohne die schwarze Null.

update 17.11.2014: Die Wochenzeitung DIE ZEIT setzt das Thema auf die Agenda:  Wo Deutschland versagt

update 18.11.2014: Und hier die Analyse zur schwarzen Null von Güther Grunert auf flassbeck-economics: Die Unternehmer und die schwarze Null – wie die Ideologie den Verstand vernebelt (Teil 1)

update 06.01.2015: „Der Hunger ist zurückgekehrt“ und der SPIEGEL nimmt sich endlich des Themas Helicopter Money an.

update 27.01.2015: Larry Summers in Davos über die Folgen von Austerity

update 10.04.2015: Steve Keen „Should governments run surpluses? „

update 09.06.2015: Joseph E. Stiglitz: Europas letzter Akt? sowie Fritz Helmedag: Mit der Schuldenbremse zum Systemcrash

update 24.06.2015: Mark Dittli: Der Fluch der Austerität

update 15.07.2016: SPON: Die schwarze Null widerspricht dem Geist des Grundgesetzes und der Council on Foreign Relations fleht Herrn Schäuble an.

update 08.11.2019: Mit zeitlichem Verzug von über 5 Jahren setzt sich nun auch bei den Wirtschaftsweisen diese abhanden gekommene Weisheit sukzessive wieder durch: DIE ZEIT: Ganz neue Töne


Zehn Maßnahmen für ein Europa in Frieden, Freiheit und Wohlstand

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Über Michael Stöcker

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15 Antworten zu Schuldmythen und das Dilemma der schwarzen Null

  1. Arijan Zenuni schreibt:

    Sehr geehrter Herr Stöcker,

    mit diesen fundierten Blog-Einträgen erschließt sich mir Frage, weshalb Sie nicht in die Finanzpolitik einsteigen. Sie besitzen mehr Verstand als die Finanzberater von Frau Merkel.

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  2. Justus schreibt:

    Sehr geehrter Herr Stöcker,

    vielen Dank für ihre sehr interessanten und lehrreichen Erklärungen in diesem Blog. Es tut richtig gut sich einmal Klarheit zu den Grundlagen unseres Wirtschafts- und Geldsystems zu verschaffen. Ich bin mir nicht sicher ob ich alles richtig verstanden habe, von daher hätte ich noch ein paar Nachfragen, teilweise auch zu den anderen Artikeln. Ich hoffe das hier in einem zu machen ist okay.

    1. In diesem Artikel geht es ja viel um das private Ansparen von Altersvorsorge in Form von Geldvermögen und der Rolle des Staates dabei. Geldvermögen und Geldschulden entstehen gleichermaßen bei der Kreditschöpfung und sind somit in Summe null. D.h. gebe es kein Ausland, wäre das Nettogeldvermögen in Deutschland immer gleich null. Soweit ja auch ihre Ausführungen. Nun habe ich Sie so verstanden, dass die Bürger nur Nettogeldvermögen haben können, wenn der Staat Nettoschulden hat (ich lasse die Unternehmen mal aussenvor). Logisch. Weiterhin: Eine weitere Staatsverschuldung für Investitionen wäre notwendig um entsprechende Geldvermögen für die Altersversorge der Bürger zu erzeugen. Und an diesem Punkt bin ich ins Grübeln gekommen.
    Die Prämisse für den ersten Vorgang wäre doch der Aufkauf von Staatsanleihen durch Banken. So entsteht auf Seiten der Bank sowie des Staates eine Forderung sowie eine Verbindlichkeit, die Geldmenge ist erhöht worden. Kauft jedoch eine Privatperson eine Staatsanleihe, entsteht bei ihm eine Forderung und beim Staat eine Bilanzverlängerung. Intuitiv würde ich sagen, hier bleibt die Geldmenge konstant. Müsste man nicht zwischen diesen beiden Formen von Staatsverschuldung unterscheiden?

    2. Ich habe ihren Artikel über das Bankensystem gelesen und dabei kreisten meine Gedanken immer wieder um das Thema der Bankeinlagen. Dazu ihre Feststellung, Bankeinlagen seien Verbindlichkeiten und damit nicht ausleihbar. Damit sei die Bank nicht intermediär.
    Stellen wir uns vor, ich verkaufe ein Auto und erhalte dafür eine Überweisung auf mein Bankkonto i.H.v. €10Tsd. Nun hat die Bank mir gegenüber in dieser Höhe eine Verbindlichkeit. Allerdings hat sie auch eine Forderung gegenüber der Bank, welche das Geld überweisen hat bzw. gegenüber der Bank .welche den Kredit ehemals geschöpft hatte (bin mir nicht sicher wie dies konkret geregelt wird). Könnte SIe nun nicht diese Forderung an jemanden ausleihen, solange sie sicherstellt, das sie bei Barabhebungen nicht in Schwierigkeiten kommt? Ich weis hier muss irgendwo ein Denkfehler sein, aber ich komme nicht darauf. Und schlussendlich: Wenn Banken nicht intermediär sind, wieso möchten sie dann überhaupt Einlagen der Sparer?

    Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen!
    Vielen besten Dank im vorraus!

    Justus

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Lieber Justus,

      ich kann Ihnen versichern, dass Sie schon sehr viel verstanden haben. Dies erkennt man an den zwei exzellenten Fragen die Sie stellen. Ihre erste Frage haben Sie sich selber richtig beantwortet. In der Tat ist es ein elementarer Unterschied, ob eine Privatperson oder eine Bank eine Staatsanleihe erwirbt. Ihre Intuition täuscht Sie nicht! Hier die Begründung: Wenn Sie eine Staatsanleihe käuflich erwerben, belastet die Bank Ihr Konto und muss im Rahmen des Clearing diesen Betrag auch an die empfangende Bank übertragen, bei der der Staat sein Konto führt (in der Regel ein Konto bei der Bundesbank). Es kommt hier also nicht zu einer zusätzlichen Kreditschöpfung durch die Banken sondern zu einer echten Geldleihe. Die Bank tritt hier nur als Vermittler/Makler auf (wie beim Aktienkauf) und verlangt hierfür eine Provision bzw. Depotgebühr. Früher konnte man ein solches Depot/Schuldbuchkonto noch direkt über die Bundesschuldenverwaltung führen, wurde aber leider 2012 eingestellt.

      Ihre zweite Frage können Sie sich ebenfalls selber beantworten, wenn Sie sich den Beitrag Geldmythen durchlesen. Insbesondere in den Kommentaren gehe ich auf Ihre Frage genauer ein. Seit kurzem gibt es auch einen kleinen Animationsfilm auf den Seiten der Bundesbank, der auf einfache Weise erläutert, wie das Bargeld in die Welt kommt. Wenn Sie sich in die Thematik der Refinanzierung tiefer einarbeiten möchten, dann kann ich Ihnen dieses Paper der Bundesbank über die neue Bedeutung der Repomärkte empfehlen. Wenn’s dann immer noch nicht klar sein sollte, dann einfach noch mal nachfragen.

      LG Michael Stöcker

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      • Justus schreibt:

        Besten Dank für ihre Antwort Herr Stöcker!
        Ich würde gerne nocheinmal das Thema Generationengerechtigkeit von Staatsschulden ansprechen. Ich bin mir nicht sicher, wie tiefgreifend ich ihr Argument, das Staatsschulden nicht unbedingt ungerecht seien, verstehe.
        Nehmen wir an, die Banken kaufen Staatsanleihen in Höhe von EUR 800 Mio., womit der Staat jedem Bürger EUR 10 als Sonderzahlung überweist. Der Staat hat nun EUR 800 Mio. Schulden.Die EUR 10 werden als kleines Geschenk angesehen und somit nicht gespart oder investiert sondern vollständig zum Konsum genutzt. Es werden Konsumgüter in Höhe von EUR 800 Mio. nachgefragt, produziert und konsumiert. Die Bürger arbeiten also mehr, verdienen mehr und konsumieren mehr. Die EUR 800 Mio. zirkulieren im Wirtschaftskreislauf. Nun vergehen einige Jahre und die nächste Generation zahlt das Geld über Steuern zurück an den Staat, welcher den Kredit tilgt. Ohne die Kreditaufnahme am Anfang wäre auch nicht das Vermögen zur Schuldentilgung entstanden. Logisch (ich hoffe, ich habe ihre Argumentation richtig verstanden). Nun wenden wir uns einem einzigen Bürger zu. Dieser wird die erhöhte Steuer als ungerecht ansehen, seine Eltern hätten hart für das Geld gearbeitet. Nun müsste man diesem erklären, dass die Eltern die EUR 10 auchso gehabt hätten. Die hätten nur gearbeitet, um sich ihren Konsum zu leisten. Das würde bedeuten, eine Schuldentilgung wäre nur gerecht, wenn der Tilgungsbetrag eines jeden proportional zu dem ihm durch den Staat zugeflossenen Geldvermögen wäre?! Die Differenz zum aktuellen Vermögen hat er/ sie sich erarbeitet und erspart. Nun frage ich mich, wie es mit Staatsschulden ist, welche in Infrastruktur investiert werden. Hier steht dem Übergang des Geldvermögens in die Volkswirtschaft eine geleistete Arbeit gegenüber. Könnte man dies genauso handhaben? Wie ist es mit den Staatsanleihen, welche nicht durch Banken, sondern durch Privatpersonen gekauft werden? Hier entsteht der Volkswirtschaft kein zusätzliches Geldvermögen, welches sie zurückzahlen müsse. Falls Sie die Zeit dazu finden, würde ich mich sehr über ihre Meinung zu meinen Ausführungen bzw. dem Thema im Allgemeinen freuen.
        Besten Dank und einen guten Start in die Woche!

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  3. ahrwin schreibt:

    Hallo,
    zu Ihrem Artikel „Schuldmythen und das Dilemma der schwarzen Null“:

    …“wir spucken in die Hände und sanieren unsere marode Infrastruktur, investieren in moderne IT-Netze, fördern Bildung und Erziehung, Kultur und ÖPNV und setzen weiter auf den Ausbau regenerativer Energien…“ –

    wäre nach meiner persönlichen Meinung nur dann sinnvoll, wenn statt Rettung der Banken mit Milliarden von Steuergeldern zu Lasten der anständigen Bürger durch Sozialabbau, wodurch eine Minderheit von Menschen immer reicher und die Mehrheit der Menschen immer ärmer werden, wenn alle Banken zunächst verstaatlicht werden und alle Gewinne der Banken in den Staatshaushalt fließen und nicht auf den Konten der reichen Bankmanager und anderer parasitärer Konsorten.

    Gruß aus Sachsen-Anhalt

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Das halte ich für überhaupt keine gute Idee. Die fette Beute wurde doch bereits verteilt und die Banken durch überhöhte Boni und Gehälter ausgecasht. Nun stehen viele von denen ausgehöhlt da und Sie plädieren für eine Verstaatlichung der ausgemergelten Skelette. Dass der Staat ein noch schlechterer Banker ist, haben SachsenLB, BayernLB, WestLB oder auch eine Berliner Landesbank eindrucksvoll bewiesen. Was die Banken vor allem benötigen, ist mehr haftendes Eigenkapital. Dies erreicht man am besten durch erhöhte Gewinnthesaurierung sowie Deckelung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von sämtlichen Entgeltbestandteilen auf max. 500.000 EUR.

      LG Michael Stöcker

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  4. jayD schreibt:

    leider stimmt es nicht dass schulden NICHT immer was schlechtes sind.. dieses finanzsystem ist absolut krank und wer das nicht checkt soll mal überprüfen wie gerne er selber verschuldet wäre, ein normalbürger, ein selbstständiger, eine firma, keiner von diesen will verschuldet sein .. wieso können und sollen es länder? damit wir mehr geld drucken können und einzelne gierhälse mehr geld anhäufen – nein

    das richtige system ist in dem es feste werte gibt und jeder sich diese erarbeiten/erhandeln kann

    schuld ist dann nichts „tolles“ oder „normales“ mehr sondern wieder das was es gefühlt für jeden menschen ist.. eine last die man niemals haben will

    und geldleih-geschäfte sind ein anderes thema, da können juden christen und muslime bestimmt am besten was zu sagen, auch wie es mit zinsen steht

    man sieht die geschichte

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  5. Sehr gehrter Herr Stöcker,
    ich habe mir erlaubt, Ihr Blog auf meiner WP http://www.bisskultur.de unter GeldFairStand zu verlinken. Falls Sie damit nicht einverstanden sein sollten, lassen Sie es mich wissen. Ich teile nicht alle Ihrer Ansichten, halte aber diesen Blog für ungemein wertvoll für Menschen, die sich näher mit diesem Thema befassen wollen.
    Ich zitiere:
    »Wir sollten uns nicht so gebärden,
    als ob das Erkennen volkswirtschaft-
    licher Zusammenhänge nur den
    Gralshütern vorbehalten bliebe, die
    auf der einen Seite wissenschaftlich,
    auf der anderen Seite demagogisch
    ihre verhärteten Standpunkte vor-
    tragen.
    Nein, jeder Bürger unseres Staates
    muß um die wirtschaftlichen Zusam-
    menhänge wissen und zu einem
    Urteil befähigt sein, denn es handelt
    sich hier um Fragen unserer politi-
    schen Ordnung, deren Stabilität zu
    sichern uns aufgegeben ist.«
    Ludwig Erhard, 1962
    Herzliche Grüße!
    Paul-Wilhelm Hermsen

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  6. EraserFS schreibt:

    Wieder ein meiner Ansicht nach korrekter Beitrag (neben Zins- und Bankenmythen).

    Was ich aber wieder daran auszusetzen habe ist der Umstand, dass ausnahmslos aus dem gegenwärtigen Geldsystem heraus argumentiert wird und eine naive (perfektionistische) Vorstelllung der nennen wir sie mal „realwirtschaftlichen“ Effekte einer dem Geldsystem entsprechenden Fiskalpolitik transportiert wird.
    Oder anders gesagt: Die schwarze Null ist prinzipiell richtig im Sinne eines erstrebenswerten Zieles; lediglich die Systematik unseres Geldsystems und damit unseres gesamten Wirtschaftssystems macht das exakte Gegenteil zum Ziel.
    Daher wieder der Hinweis auf den eigentlichen oder realen Wirtschaftsprozess einzugehen oder sich damit zu befassen. Also worum es dabei geht, welche Rolle Geld dabei spielt und vorallem welche Auswirkungen unser Geldsystem darauf hat oder wie ich es bewerte, welche absurden Konsequenzen dieses Geldsystem im Wirtschaftsprozess zur Folge hat. Die schwarze Null ist das falsche Ziel ist eine dieser Konsequenzen.
    Eine andere ist, dass Blasenbildung systematisch vorprogrammiert wird und das gesamte System instabilisiert wird bzw. sich ebenfalls das Geld- und Finanzsystem aus sich selbst heraus instabilisiert.
    Im Anschluss daran könnten Sie sich, vorausgesetzt Sie haben das noch nicht getan, auch mit den systematischen Ursachen der Entstehung dieses Geldsystems befassen.
    Ich persönlich finde bspw. die Rolle der Ökonomie hierbei interessant und damit zusammenhängend auch die heute mehrheitlich – auch von Ihnen hier – angewandte quantitative Methodik. Wer ausnahmslos in funktionalen Ausdrücken denkt, die irgendwelche stat. Aggregate beschreiben sollen, muss notwendig betriebsblind gegenüber den eigentlichen wirtschaftlichen Prozessen werden, deren Ergebnisse sich gerade noch statistisch erfassen lassen…

    MfG
    Jemand der mal ein Lesezeichen erstellt hat.

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  7. CGB schreibt:

    Hinsichtlich Blasenbildung meint z. B. Richard Werner, dass zu dieser gerade der steigende Anteil des Spekulationskredits (CF/C) gegenüber realwirtschaftlichem Kredit (C) kennzeichnet.

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  8. monsineur schreibt:

    Privat Personen können per Definition nicht investieren, das ist nur umgangssprachlicher Gebrauch des Begriffs. Deswegen hab ich auch nach den Erläuterungen zu inverstment aufgehört zu lesen 😉

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Defizite in Klarheit und Präzision gehen selbstverständlich immer zu Lasten des Autors. Wenn Sie allerdings noch einmal verständig nachlesen, werden Sie feststellen, dass ich hier nichts Gegenteiliges behauptet, sehr wohl aber zu bedenken gegeben habe, dass eine Definition in der VGR immer zugleich eine willkürliche Abgrenzung darstellt. Würden sich nämlich viele Arbeitnehmer gegen einen privaten PKW entscheiden und sich morgens ein Taxi für den Weg zur Arbeit gönnen, so würde dies die Nettoinvestitionen erhöhen. Ähnliche Effekte haben wir z. B. im Bereich der Gastronomieeinrichtung: Statt selber zu Hause zu kochen, steigen die Nettoinvestitionen durch die Expansion von Fastfood-Ketten. Die Beseitigung von Folgeschäden durch schlechte Ernährung bedingt wiederum erhöhte Sachinvestitionen im Gesundheitssektor. Übrigens: Auch militärische Waffensysteme zählen zum Anlagevermögen.

      LG Michael Stöcker

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  9. Andreas B. schreibt:

    Mehr Kernenergie!

    „Der von GE-Hitachi angebotene PRISM Reaktor ist ein Reaktor der vierten Generation, der CO2-freie Energie liefert, indem er mit Plutonium und auf Halde liegenden verbrauchten Brennstäben betrieben wird. So kann man gleichzeitig die Atommüll- und die Klimaproblematik bewältigen.“ –Stephen Tindale, Greenpeace UK
    http://nuklearia.de/2016/04/30/mythosatommuell/

    ,,Die Geschichte der Kernenergie in Deutschland ist ein Paradebeispiel für die zwangsläufige Folgen staatlicher Lenkung der technischen Entwicklung. Innovationsprozesse verlangsamen sich oder stoppen ganz. Monokulturen mit geringer Stressresistenz verbleiben, deren Überleben nur unter idealen Rahmenbedingungen gesichert ist. Jeder Wandel der äußeren Umstände wird zu einer existentiellen Bedrohung.“ –Dr. Peter Heller
    http://nukleearia.de/2016/03/11/fukushima-5-0/

    ,,Doch was wir haben, ist eine Spielwiese für Utopisten, welche sich noch nie mit ihrem Elektriker unterhalten haben, die aber ohne Zweifel über Diskursmacht und sehr viel Geld zum Ausgeben verfügen. Dass sich eine durch Mittelvergabe dressierte Industrie und Forschung, unter ihnen unzählige Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler, auf künstlich geschaffene Bedarfe hin getreulich einstellt, um mitzuverdienen, ist keine Zauberei, sondern grüngewaschener Subventionskapitalismus.“ –Dr. Anna Veronika Wendland
    http://nuklearia.de/2016/10/27/neue-energie-warum-eine-echte-energiewende-widerspruch-braucht/

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Einspruch, Euer Ehren. Die gesamte CO2 Diskussion um den angeblich kohlendioxidbedingten Treibhauseffekt geht meines Erachtens am eigentlichen Problem völlig vorbei. Die Diskussion hierzu erscheint mir ähnlich verworren zu sein, wie die Geldschöpfungsdiskussion. Der Klimaerwärmung ist es reichlich egal, ob neben der Sonneneinstrahlung zusätzliche Wärme durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe (über Jahrmillionen gespeicherte Sonnenenergie), Geothermie oder eben Kernspaltung und/oder Kernfusion freigesetzt wird. Insofern wäre PRISM lediglich eine Zwischenlösung auf dem Weg in eine durchgängig regenerative solare Kreislaufwirtschaft.

      LG Michael Stöcker

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