Debitismus ad Infinitum

Dr. Daniel Stelter hatte mich vor kurzem gebeten, doch einmal zu erklären, weshalb eine Notenbank in einem zweistufigen Geldsystem die Grundprinzipien des Debitismus aushebeln könne.  Dies ist der Hintergrund für den heutigen Beitrag, der dann doch wieder etwas länger ausgefallen ist als ursprünglich gedacht. Wer keine drei Seiten lesen möchte, der findet eine Kurzantwort im Blog von Dr. Stelter. Hier nun die vor acht Tagen angekündigte längere Version.

Der Debitismus von Paul C. Martin geht auf die Erkenntnisse zur Eigentumsökonomik von Heinsohn und Steiger zurück und betrachtet die Ökonomie nicht wie die Neoklassik als Tauschwirtschaft, sondern als eine Zahlungswirtschaft, die auf Schuldverhältnissen basiert. Für diese Theorie spricht nicht nur die Geschichte der letzten 5000 Jahre, sondern zugleich die fundamentale Änderung in der Erklärung der Geldschöpfung durch die Bundesbank im Jahre 2008 (mehr dazu hier: Bankmythen). Ich stimme mit dieser Theorie zur Funktionsweise unseres Geld- und Wirtschaftssystems weitestgehend überein. Wer mit den Ideen des Debitismus nicht vertraut ist, der findet bei Wikipedia eine gute Kurzdarstellung mit weiterführenden Links.

Es gibt aber einen Punkt, bei dem ich dezidiert anderer Auffassung bin als Paul C. Martin und die Anhänger des Debitismus: Und das ist die Überzeugung, dass dieses System zwingend scheitern muss. Auch Raimund Brichta vertritt die Auffassung eines zwingenden Scheiterns  (z. B. hier in einer ausgezeichneten Diskussion aus dem Jahre 2012), der ein sehr gutes Buch zum aktuellen Geldsystem geschrieben hat (Die Wahrheit über Geld).

Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Prozess nicht zwingend ist, sondern verhindert werden kann. Zudem sehe ich das Hauptproblem nicht so sehr in den wachsenden Schulden, sondern vielmehr in den monetären Renditeerwartungen sowie den Renditechancen, die in gesättigten Märkten nicht mehr genügend hoch sind, um ein unternehmerisches Investment zu rechtfertigen, da die Risiken höher bewertet werden als die Chancen. Vereinzelte Innovationen werden sich selbstverständlich auch weiterhin durchsetzten, verstärken dann aber aufgrund des Matthäus-Effekts sowie Superstar-Effekts die Problematik. Erst in diesem Kontext wird das Verschuldungsproblem dann tatsächlich virulent. Ich habe dieses fundamentale Dilemma – aufbauend auf den Ideen von Binswanger zur Postwachstumsökonomie – in dem Essay über die monetäre Krise des Kapitalismus dargelegt.

Es gibt mehrere Gründe, warum der Kollaps bislang nicht eingetreten ist und auch zukünftig nicht eintreten muss. Von daher werden die Vertreter des Debitismus auch von den Mainstream-Ökonomen nicht ernst genommen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dennoch relativ groß, dass es so kommen wird, wenn wir so weiter machen wie bisher (das ist auch der Grund für den Pessimismus von Raimund Brichta).

Ursache hierfür ist ein mangelhaftes Verständnis unseres Geldsystems im Kontext einer kollektiven geistigen Fehlprogrammierung über Jahrhunderte hinweg. Insbesondere die Kirchen haben einen unrühmlichen Beitrag hierzu geleistet, wie ich kürzlich hier dargelegt hatte. Zudem handelt es sich bei der aktuellen Krise um ein Phänomen, das nur alle 70 bis 100 Jahre in Erscheinung tritt. Den wenigsten ist von daher ein solches Ereignis aus der eigenen Lebenserfahrung bekannt und das Studium der Ökonomie verzichtet bislang  nahezu vollständig auf das Thema Wirtschaftsgeschichte. Insofern fehlen uns das Bewusstsein sowie das Verständnis für diese kritische Phase der Geschichte und die aktuellen politischen Tendenzen in Europa und den USA werden nicht richtig eingeordnet.

Das Hauptproblem nach debitistischer Auffassung ist, dass dem System irgendwann die soliden Nachschuldner ausgehen, weil das System an seine Verschuldungsgrenze gelangt ist und es kein beleihungsfähiges Eigentum mehr gibt. Aufgrund des Zinses muss es aber immer aufschuldungsbereite und aufschuldungsfähige Nachschuldner geben, damit die Altschuldner nicht nur ihre Kredite, sondern auch die Zinsen auf diese Kredite zurückzahlen können. Es muss also einen zwingenden ständigen Aufschuldungsprozess geben, damit das System nicht kollabiert. Der Wert des verschuldungsfähigen Eigentums hängt wiederum an der Bewertung des Sachvermögens. Aufgrund des tendenziellen Falls der Profitrate sinkt zudem das Zinsniveau und führt somit automatisch zu einer höheren Bewertung des Sachvermögens, da der Gegenwartswert (Barwert) der zukünftigen Erträge mit einem ständig niedrigeren Faktor abgezinst wird. Damit reagiert dann aber auch das beleihungsfähige Eigentum äußerst sensibel auf potenzielle Zinsänderungen.

Der Zins ist aber tatsächlich nur dann ein Problem, wenn er in gesättigten Märkten höher ist als die Inflationsrate und/oder der Zins als Gewinnbestandteil ausgezahlt oder ausgeschüttet wurde, anstatt für die Kompensation für gescheiterte Kreditverträge zu fungieren (siehe hierzu auch mein erster Blogbeitrag Zinsmythen). Der risikofreie Guthabenzins darf also in gesättigten Märkten nicht oberhalb von null liegen oder muss fiskalisch abgeschöpft werden, damit das System nicht kollabiert. Tatsächlich wurden aber die Kapitaleinkommen in vielen Ländern dieser Welt sogar steuerlich privilegiert.

Ein zweites Problem ergibt sich dann, wenn die Wirtschaft aufgrund von Marktsättigung und Überkapazitäten in eine disinflationäre oder sogar deflationäre Abwärtsspirale gerät. Denn jetzt wird es immer schwieriger, die für die Kredittilgung notwendigen Einnahmen am Markt zu generieren. Die für die Gesamtwirtschaft positive Aufschuldungsphase kommt nicht nur zum Stillstand, sondern droht im schlimmsten Fall in eine destruktive Abwärtsspirale umzuschlagen. Dieser Prozess kann allerdings verhindert werden. Die bisherigen Maßnahmen seitens der Zentralbanken sind jedoch keinesfalls ausreichend. Warum? Dazu muss man verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert.

Geld ist auf der rein privaten Ebene immer ein Schuldverhältnis (in der debitistischen Terminologie eine Kontraktschuld) und erblickt das Licht dieser Welt durch einen Kreditvertrag mit einer Bank. Es handelt sich hierbei allerdings um Giralgeld der zweiten Stufe unseres Geldsystems und nicht um das gesetzliche Zahlungsmittel der 1. Stufe. Banken erzeugen also Schuldverhältnisse durch die Kreditvergabe, ohne zugleich den Erfüllungsgegenstand dieser Schuldverhältnisse mit erzeugen zu können. Wem die Mehrstufigkeit unseres Geldsystems nicht klar sein sollte, der findet hier und hier eine Erklärung. Die Basics gibt es in diesem Vortrag von Tobias Deiters.

Geld ist also etwas anderes als Kredit, kann aber andererseits ohne Kredite nicht als Geld fungieren; denn es ist letztlich die Verpflichtung des Kreditnehmers zur realen Leistungserbringung am Markt, die dem Geld eine Art Wert verleiht, weshalb wir überhaupt das Geld als bedrucktes Papier für die Hergabe von Realien akzeptieren. Ein zweiter Grund für die Akzeptanz ist die Tatsache, dass wir unsere Steuern und Abgaben in nationaler Währung zu leisten haben (Abgabenschuld).

Die Geldmenge wird aber nicht nur durch die private Kreditnachfrage beinflusst sondern zugleich durch die staatliche. Die private Kreditnachfrage ist grundsätzlich begrenzt durch das beleihungsfähige Eigentum sowie die Höhe des Eigenkapitals des Bankensektors. Die staatliche Kreditnachfrage ist wiederum durch eine relativ willkürlich gesetzte Schuldenobergrenze limitiert. Dabei ist zu beachten, dass im Falle der Staatsverschuldung erst einmal kein neues Giralgeld geschöpft wird, sondern aus Anlegersicht eine Sichtforderung gegen die Bank (also mein Giroguthaben) in eine Forderung gegenüber dem Staat umgewandelt wird. Es findet also keine zusätzliche expansive Nachfrage statt, sondern fehlende private Nachfrage wird durch staatliche Nachfrage substituiert. Letztlich behindert also das private Geldsparen die Wirtschaft und muss durch staatliche Ersatznachfrage im Gleichgewicht gehalten werden; ein an sich absurder Prozess, der auch noch durch die privatisierte Altersvorsorge (Riester, Rürup und nun auch noch die neuen Ideen zur BaV und zur Sicherung der Erträge über die Fremdkapitalfinanzierung der Autobahnen) verstärkt wurde, der Staat sich aber gleichzeitig eine Schuldenbremse auferlegt hat. Das Ganze geschieht natürlich nicht zufällig, sondern dient dem Erhalt sowie der finanziellen Absicherung des parasitären Finanzsystems und trägt mit dazu bei, dass sich die Prophezeiungen des Debitismus erfüllen können.

Die potentielle Staatsverschuldung hängt in einem solchen Regime also grundsätzlich an der Bereitschaft der Sparer. Verweigern sich die Nichtbanken Staatsanleihen zu erwerben, weil sie ihr Geld lieber auf dem Spar- und/oder Girokonto halten, dann können auch die Banken diese Staatsanleihen erwerben. Das machen sie auch so in großem Stil. Grundsätzlich könnte auf diesem Wege jede beliebige Menge an Geld in den Markt gebracht werden, um in einem Abschwung die fehlende private oder ausländische Nachfrage zu kompensieren.

Die Frage ist allerdings, was macht der Staat mit diesem Geld (Stichwort Lobbyismus) und bei wem landet es sodann? Sinnvoll wären vor allem Investitionen in Bildung und Infrastruktur. Landen tut es dort (verstärkt durch den Lobbyismus), wo es immer landet; und das nicht nur wegen des Zinseffekts: auf dem größten Haufen (Matthäus-Effekt) und somit bei denjenigen, die eine hohe Sparneigung haben. Zudem ist eine weitere Erhöhung der Konsumquote der sehr Vermögenden positiv korreliert mit dem ökologischen Fußabdruck (Privatjet, Yachten …) und somit grundsätzlich unerwünscht. Ein langfristig positiv stabilisierender Effekt stellt sich insbesondere dann ein, wenn die finanziellen Mittel bei den unteren Einkommensgruppen ankommen. Deren Sparneigung ist deutlich geringer und somit sind die realen Effekte auf die effektive Nachfrage deutlich höher.

Der Staat muss aber nicht unbedingt auf die Ersparnisse seiner Bürger zurückgreifen, um investive und/oder konsumtive Ausgaben zu finanzieren. Insbesondere müsste er nicht auf das Banksystem zurückgreifen, um dies zu tun. Tatsächlich wurde der letzte Teil dieses Geschäftsfelds 2012 den Banken zum Fraß vorgeworfen und Art. 123 AEUV (Verbot der monetären Staatsfinanzierung) garantiert den Banken ein sicheres Geschäft.

Die Debitisten verkennen aber, dass selbst in diesem an sich absurden System der Staat grundsätzlich die Möglichkeiten in der Hand hat, ein Gleichgewicht zwischen Geldschulden und Geldvermögen wieder herzustellen. Das Hauptinstrument hierfür ist das Steuern- und Abgabensystem, mit dem zugleich das debitistische Zinsproblem entsorgt werden kann. Dabei kann man zwischen aktiven und passiven Steuerstrategien unterscheiden. Aktive Steuerstrategien schöpfen Vermögen über höhere Grenz- und Erbschaftssteuersätze ab. Sollte das Geldvermögen nicht ausreichen, müssen vorhandene Assets am Markt veräußert werden. Dieser Effekt wirkt der Assetinflation entgegen und verhindert somit zugleich, dass solche Assets für den Durchschnittsbürger unerschwinglich werden.

Passive Steuerstrategien setzten bei der finanziellen Repression an. Damit auch hier das Hauptproblem (Matthäus-Effekt) am effektivsten angegangen werden kann, sollte die Zentralbank den Staat nicht über den Umweg der Banken finanzieren, sondern alle Bürger unmittelbar mit einem gleich hohen Betrag (Helikoptergeld nach Friedman). Ein bilanztechnisches Problem gibt es nicht, da an der Nullzinsgrenze Staatsanleihen und Geld nahezu perfekte Substitute sind. Da auch Staatsschulden stets revolviert werden, jedoch niemals zurück gezahlt werden, ist eine ewige Anleihe zu null Prozent Zinsen letztlich nichts anderes als Geld. Wegen der besseren Übersicht sollte diese ewige zinsfreie Schuld aber gesondert  in der Zentralbankbilanz ausgewiesen werden.

Die Wirkungen des Helikoptergeldes dürften bei den unteren Einkommensdezilen aufgrund der höheren marginalen Konsumneigung sehr ähnlich sein wie bei Lohnerhöungen. Bei den oberen Einkommensdezilen wird ein großer Teil hingegen unmittelbar fiskalisch abgeschöpft, da diese finanziellen Zuwendungen seitens der Zentralbank der Einkommensteuer unterliegen. Diese Einnahmen stehen sodann zinsfrei für Investitionen in Bildung und Infrastruktur zur Verfügung. Eine zeitlich gestaffelte CO2-Steuer kann für zusätzliches Inflationspotenzial sorgen. Eine leichte Inflationierung ist somit sehr wahrscheinlich und auch gewünscht. Eine Punktlandung von 2 % (das offizielle Ziel aller wichtigen Notenbanken) kann aufgrund der hohen Komplexität und Interdependenz selbstverständlich niemals erreicht werden bzw. wäre eher zufälliger Natur.

Wenn wir auf diesem Wege symmetrisch aufschulden und mit ca. 2 % inflationieren, dann können wir alle 100 Jahre eine Null bei unserem Geld streichen, damit die nominellen ‚Werte‘ keine Lira-Dimensionen annehmen und die Rechenvorgänge einfach bleiben.

Es gibt also keinen Grund für einen debitistischen Fatalismus. Wir müssen ‚lediglich‘ unser System verstehen und über das Steuersystem aktiv und/oder passiv gegensteuern. Dieser Weg zu einem besseren Verständnis ist allerdings mit vielen Hindernissen verbaut: intellektuellen (siehe z. B. dieser aktuelle Beitrag von Oswald Metzger)  und interessengeleiteten (siehe Fremdkapitalfinanzierung der Autobahnen und Rentendebatte). Sollte das System also wieder einmal scheitern, dann liegt es nicht am System an sich begründet, sondern an den menschlichen Schwächen.

update 25. Februar 2017: Daniel Stelter hat in einer dreiteiligen Serie auf meinen Beitrag geantwortet:
Debitismus: Von der zwangsläufigen Krise (I)
Debitismus: Von der zwangsläufigen Krise (II)
Debitismus: Von der zwangsläufigen Krise (III)


Zu den intellektuellen und interessengeleiteten Hürden bin ich kürzlich auf diesen Vortrag von Prof. Richard Werner aus dem Jahre 2012 gestoßen. Ich stimme zwar nicht in allen Punkten mit Werner überein, aber in sehr vielen. Unbedingt sehens-/lesenswert:

Ebenfalls in diesem Kontext interessant:

 

 

Über Michael Stöcker

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47 Antworten zu Debitismus ad Infinitum

  1. enrico schreibt:

    Debitismus ist etwas Unerwünschtes, oder? Ich frage mich nur, warum sich dann Debitisten Debitisten nennen, finden die Debitismus wünschenswert oder nennen sie sich so, weil sie Spezialisten für Debitismus sind…?

    Was sind die Ursachen des Debitismus?

    Es ist zunächst die falsche Vorstellung, (alle) Unternehmen müssten am Ende einer Produktionsperiode mehr Geld einnehmen, als sie für die Produktion vorher ausgegeben haben, also dass sie mehr Schulden weitergeben müssen, als sie am Anfang aufgenommen haben. In der volkswirtschaftlichen Gesamtheit kann das aber nur bei ewigem Wachstum funktionieren. Ansonsten wird die Sache bekanntlich zum Nullsummenspiel, wo man sich die Wurst gegenseitig vom Brot zieht.

    Dann gibt es aber noch ein Grund für den Debitismus: Die Tatsache, dass Geld übertragbar ist!

    Damit behaupte ich 1. dass Unternehmen gar keine Gewinne in Form von Geldüberschüssen machen müssen und 2. dass Geld nicht übertragbar sein darf.

    Was für absurde Behauptungungen!

    Aber sind diese Postulate wirklich so abwegig?

    Dazu ein Beispiel: Ein Unternehmen bezahlt per Kontokorrent-Kredit Gehälter an private Haushalte.
    Damit haben wir ein U-B-H – Verhältnis. Der Kreditnehmer U, die Bank B und der priv. Haushalt H.
    Auf der linken Seite das Verhältnis U – B und auf der rechten Seite das Verhältnis B – H.
    Auf der Aktiva-Seite der Bankbilanz findet die Kreditschöpfung statt und auf der Passiva-Seite die Geldschöpfung. Soweit das Prinzip des derzeitigen Systems.

    Jetzt wirds revolutionär:
    Nehmen wir nun die Geldschöpfung bei der Bank einfach weg und übertragen diese Aufgabe an die Haushalte! Die Kreditschöpfung bleibt bei der Bank. Wir geben jedem Haushalt, also jedem Menschen (say) 10 000.- Geldeinheiten Geld als Aktiva und 10 000.- Einheiten Geld als Passiva. Beides gleicht sich in der Ausgangslage aus und neutralisiert sich gegenseitig. Nun gilt aber noch eine verrückte Regel: Das Geld als Aktiva bleibt immer unverändert bei den einzelnen Menschen, dafür aber wird das Geld als Passiva übertragbar.

    Wie würde nun das Beispiel ablaufen?

    Die Bank bucht dem Unternehmen den Gehaltsbetrag als KK-Schulden zu und übernimmt vom Haushalt des Beschäftigten Geld als Passiva. Somit hat die Bank auf der Linken Seite den Kredit als Aktiva und auf der rechten Seite das Geld als Passiva. Also gleich wie bisher.

    Bei den Unternehmen hat sich ein Passiva-Überschuss gebildet und bei den Haushalten ein Aktiva-Überschuss. Bei der Bank hat sich dagegen ein entsprechendes Passiva UND ein entsprechendes Passiva gebildet.

    Im bestehenden System wandert das Geld sozusagen zu den Schulden und im neuen System wandern die Schulden zum Geld. Im bestehenden System kaufen die Gehälter von heute die Produkte von gestern und im neuen System kaufen die Gehälter von gestern die Produkte von gestern, die Gehälter von heute bleiben als Aktiva-Überschuss einfach stehen.

    Wie kommen nun die UnternehmeR zu ihrem Einkommen?
    Die UnternehmeR verschulden ihr UnternehmeN indem Geld als Passiva (nennen wir es “Sollgeld”) von ihren Privatkonten abgezogen wird und dies via Bank (dann in Form von KK-Schulden) an das betreffende Unternehmen übertragen wird.

    Wie können die Unternehmen dann aber monetäre Rücklagen bilden, um ihr Inventar auszubauen oder zu unterhalten?

    Dazu muss die Bank mindestens in zwei Ebenen gegliedert sein.
    Auf der 1. Ebene bewegen sich die Kontokorrent-Schulden und das Geld als Passiva und auf der 2. Ebene werden Darlehens-Schulden und Sparguthaben gebucht.

    Die Bank vergibt nun Darlehen und übernimmt dabei auf der 1. Ebene Kontokorrent-Schulden von den LIEFERANTEN der Darlehensnehmer. Gleichzeitig wird eine Darlehensschuld auf der Ebene 2. gebucht. Auf den einzelnen Ebenen besteht nun eine Asymmetrie aber zusammengenommen bleibt die Bilanz der Bank ausgeglichen.

    Jetzt kommen die Sparer ins Spiel. Die Sparer übernehmen in Raten das Passiva, das die Bank vorher von den genannten Lieferanten übernommen hat und bekommen gleichzeitig ein Guthaben auf der 2. Ebene gebucht. Wenn also ein Unternehmen Rücklagen bilden will, dann übernimmt es von der Bank Kontokorrentschulden in der 1. Ebene und erhält dafür ein Guthaben auf Ebene 2. Dies geschieht VOR Beendigung der Produktionsperiode.

    Die Kontokorrentschulden gehen dann beim Verkauf der gefertigten Produkte via Bank zurück zu den Haushalten oder weiter an ein anderes Unternehmen. Übrig bleibt dann das Sparguthaben (Rücklagen).

    Die Unternehmen als Darlehensnehmer tilgen ihre Darlehen, indem sie in der 1.Ebene Kontokorrentschulden in Raten aufnehmen und diese an die Kunden weitergeben.
    Der Gewinn der Unternehmen zeigt sich also nicht in Form von Geldüberschüssen, sondern in Form von Sparguthaben oder bezahltem Inventar.

    Die Unternehmen können nun mit viel weniger Risiko Leute beschäftigen und Investitionen vornehmen, weil sie wissen, dass immer genügend Kaufkraft bei den Haushalten vorhanden ist.

    Debitismus und G-W-G‘ tschau-tschau!

    Denkt’s mal darüber nach, vielleicht kommt ja der Eine oder Andere auch darauf, dass es nicht nur der Debitismus ist, der uns quält sondern vor allem der Mammonismus!

    PS: In diesem Modell fehlt noch eine 3. Ebene… aber dazu später.

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  2. enrico schreibt:

    Erst mal noch ein großes Dankeschön für diesen spannenden blog und die Möglichkeit Kommentare zu veröffentlichen!

    nochmals zu meinem vorausgegangenen post: hier ein PDF, wo das sogenannte Glanzberg-Modell beschrieben wird. Ist nicht ganz so einfach zu verstehen…

    Klicke, um auf Glanzberg-Model_Nov_2016.pdf zuzugreifen

    saludos desde Sudamérica

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Da haben Sie sehr viel Arbeit reingesteckt. Ich teile aber Ihre Einschätzung, dass das Glanzbergmodell keine realistischen Chancen hat. Mal davon abgesehen ignorieren Sie die natürliche Geldsystemhierarchie und scheinen nicht zu sehen, das ein Kreditvertrag seinem Wesen nach nicht nur juristisch etwas völlig anderes ist als ein Leihvertrag.

      Aufgrund der Komplexität des Geldsystems bin ich zudem für eine evolutorische Weiterentwicklung in kleinen Schritten statt schwerverständlicher Systemrevolution mit unkalkulierbaren Folgen.

      LG Michael Stöcker

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      • enrico schreibt:

        Danke für die Antworten!

        Lassen Sie mich einmal nur darauf konzentrieren, wo wir uns einig sind und das ist zunächst einmal das Wachstumsproblem, wie es Binswanger dargestellt hat. Es ist die logische Tatsache, dass G-W-G‘ macroökonomisch einfach nicht möglich ist, weil Geld nicht gegen den Zeitpfeil wandern kann. Daraus sind verschiedene Lösungsansätze erdacht worden:

        1. Ideen, die versuchen einen Wachstum-ERSATZ zu schaffen. Dazu gehören:
        Die Vorschläge von Binswanger, das Bürgergeld (ou plus chic: “ Le Citoyage”), und auch das Taxos-Modell (http://www.taxos.info).

        2. Modelle, die darauf bauen, dass Unternehmen gar keine Gewinne in Form von Geldüberschüssen erwirtschaften sollen, also Modelle, die OHNE G-W-G‘ auskommen. Dazu gehören:
        Die Gedanken von Rudolf Steiner aber auch das Glanzberg-Modell.

        Das Citoyage-Modell ist ein politisches Modell, das sich nur unter wirklich demokratischen Verhältnissen verwirklichen lässt. Letztere sind in Europa leider nicht (mehr) gegeben, auch wenn Gutmenschen das meinen mögen.

        Das Glanzberg-Modell kann zwar auch als politisches Modell angesehen werden und ist folglich auf diesem Wege ebenfalls nicht realisierbar, aber es könnte auch als ein ganz profanes, kommerzielles Geschäftsmodell verwirklicht werden, da es als Bankenersatz eingesetzt werden könnte und dabei die strengen gesetzlichen Bestimmungen zur Gründung einer Bank umgangen werden können.
        Das Glanzbergmodell kann parallel zum bestehenden Bankensystem als kommerzielles Kontokorrent-System aufgebaut werden. Man kann also die gottgegebene, ach so “natürliche Geldhierarchie” weiterwursteln lassen wie bisher.

        Das Glanzberg-Modell ist im Grunde eine triviale Anordnung, es war wohl nur meine umständliche Art es darzustellen, das die Sache so unnötig kompliziert erscheinen lies. Um das Wesentlichste bezüglich Lösung des G-W-G‘ – Problems noch einmal hervorzuheben:

        1. Die Unternehmen schaffen ihre Rücklagen, VOR dem Verkauf der fertigen Produkte und nehmen dafür Passiva auf, das an die Kunden weitergegeben wird. Ein Geldüberschuss nach dem Verkauf ist nicht möglich.

        2. Geld (als unbeweglicher Aktiva-Überschuss der Ebene 1) entsteht NUR durch die Einkommen der privaten Haushalte.

        LG

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        • felsberger2012 schreibt:

          Herr Enrico: Ich verstehe ihr Problem nicht. Das ist doch genau die Art wie Kapitalismus funktioniert. Unternehmen verschulden sich, schütten diese Forderungen an Arbeiter (Lohn), Eigentümer (Dividende) und Zinsempfänger (Zinsen) aus, und treiben dann die Forderungen durch Verkauf der Waren an die genannten drei Klassen wieder ein. Am Ende der Periode sind die Schulden der Unternehmen (bei einer Abschreibungsfauer von 1) Null und das Produkt unter die drei Gruppen verteilt. Kurzum: Das Marx`sche G-W-G`ist eine bloße Fata Morgana. Was wollen sie denn noch mehr? Das Rad neu erfinden?

          LG
          Alfred Felsberger

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        • enrico schreibt:

          @felsberger2012 (unten)

          Gratuliere Ihnen, Herr Felsberger! Ihre Anordnung könnte man ja fast als einen genialen Reformvorschlag verstehen. Leider ist das heute aber nicht so. Die Unternehmen verschulden sich heute NUR DANN, wenn einigermaßen sicher ist, dass am Ende etwas übrig bleibt. Und die Dividende ist dann eben ein Anteil an dem, was übrig bleibt. Sozusagen ein Teil der Beute. “Dividende” heißt ja “das zu Teilende”. Aber die Beute kann nicht schon vor dem Raubzug verteilt werden, um es mal drastisch auszudrücken. Die Unternehmen müssen am Ende mehr eingenommen haben, als sie vorher ausgegeben haben. Das ist der Hauptimperativ des Kapitalismus.

          So kommt es zum Dilemma: Wenn die Wirtschaft nicht wächst, kann (makroökonisch gesehen) nichts übrig bleiben. Und wenn absehbar ist, dass nichts übrig bleibt, dann wird auch nicht investiert…und wenn nicht investiert wird, dann wird die Aussicht gleich nochmal mieser. Mit der Citoyage als Wachstumsprothese könnte aber einer solchen Abwärtsspirale gezielt entgegen gesteuert werden, das sieht Herr Stöcker vollkommen richtig.

          Mit dem Glanzberg-Modell habe ich jedoch versucht, ein Weg ohne Prothese zu finden.
          Gruß!

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  3. felsberger2012 schreibt:

    Weltweit gilt: „Netto-Forderungen der Haushalte + Netto-Forderungen der finanziellen Unternehmen = Netto-Verbindlichkeiten der nicht-finanziellen Unternehmen + Netto-Verbindlichkeiten der Staaten.“ Alleine daraus folgt, dass nirgends ein Mechanismus existiert, der auf steigende Netto-Forderungen (resp. Netto-Verbindlichkeiten) drängt. Warum, in Gottes Namen, sollten die Staaten und die nicht finanziellen Unternehmen ihre Netto-Verbindlichkeiten ausdehnen müssen? Oder spiegelbildich: Warum sollten die Haushalte und die finanziellen Unternehmen ihre Netto-Forderunegn ausdehnen müssen? Wer so etwas behauptet, begibt sich in das Reich der Fantasie. Und genau dort scheinen die sogenannten Debitismus angesiedelt zu sein….

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      • Michael Stöcker schreibt:

        Die Analysen von Binswanger sind zentraler Bestandteil meiner Lösungsvorschläge: Zehn Maßnahmen für ein Europa in Frieden, Freiheit und Wohlstand.

        LG Michael Stöcker

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        • enrico schreibt:

          Der 10-Punkte Plan ist sicher ein Gedanke in die richtige Richtung. Allerdings ist er auch nur ein weitere Rettungsplan für den Kapitalismus/Mammonismus. Aber egal..

          Ein Tipp zu Punkt II:

          Warum nicht für ein “Öffentliches Europäisches Girosystem” plädieren, das von der privaten Finanzwirtschaft vollständig unabhängig ist. Jedem Bürger wird EIN Girokonto eingerichtet, wo nur positive Salden zulässig sind. Es können individuelle Salden-Obergrenzen festgelegt werden.

          Als Gegenstück können auch die Unternehmen jeweils ein Konto erhalten. Die Konten der Unternehmen sind aber nur Korrent-Kreditkonten, die nur einen negativen Saldo zulassen. Die dort gebuchten Korrent-Kredite dienen ausschließlich nur zur Finanzierung von Gehältern. Alle Gehälter werden über dieses System finanziert, d.h. die Geldschöpfung in diesem System findet NUR durch die Bezahlung von Gehältern oder durch die Auszahlung des Bürgergeldes statt. Die Korrent-Kredite an die Unternehmen zur Finanzierung der Gehälter sind ZINSFREI, erfordern aber ein Mindestkollateral und eine Ausfallversicherung. Die Finanzierung der Gehälter kommt somit in öffentliche Hand. Die Instanz, welche das Bürgergeld überweist ist an dieses öffentliche System als Unternehmen ebenfalls mit einem Kontokorrent-Konto angeschlossen. Die negativen Salden dieses speziellen, öffentlichen Unternehmens werden niemals abgebaut und steigen laufend ein bisschen.

          Auch sämtliche Gehälter werden im öffentlichen Girosystem finanziert (NUR Gehälter!).
          Fehlt nur noch das Finanzamt. Das hat auch ein Konto im öffentlichen System, dort können allerdings nur positive Salden gebucht werden.

          Alle Verträge, Kredite, Guthaben und Forderungen der privaten Finanzwirtschaft müssen fortan in Einheiten des öffentlichen Giralsystems nominiert werden. Die privaten Banken haben, wie andere Unternehmen, ein Korrent-Konto im öffentlichen Girosystem.

          Die privaten Banken können so viel Geldguthaben schöpfen, wie sie wollen. Auch Sichteinlagen. Letztere sind dann aber eine Forderung auf Sicht, die die Banken verpflichten, jederzeitig auf Verlangen, Geld im öffentlichen Girosystem an den Sichtguthabenhalter zu überweisen. Handelt es sich hierbei um einen privaten Haushalt, dann steigt dort der positive Saldo und handelt es sich um ein Unternehmen, dann verkleinert sich dort der negative Saldo. In beiden Fällen steigt beim Konto der privaten Bank der negative Saldo.

          So kämen wir zum “Bürgervollgeld”.

          Zusätzlich kann man dann noch ein öffentliches Bargeldsystem errichten. Dieses ist dann ebenfalls ein öffentliches Unternehmen. Dort können mit dem Geld des öffentlichen Girosystems Sorten und Münzen gekauft oder wieder verkauft werden.

          Mit einem solchen “Öffentlichen Europäischen Girosystem” können wir dann im Grunde fast schon auf die EZB verzichten. Die EZB dient dann lediglich nur noch dem Zahlungsverkehr zwischen den Banken.

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  4. deepinsidehps schreibt:

    Hallo Herr Stöcker, hätten Sie Lust diesen Beitrag auch in anderen Blogs zur Verfügung zu stellen? Ich finde diesen Artikel richtig Klasse!

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  5. deepinsidehps schreibt:

    Vielen Dank, Email ist raus.

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  6. ruby schreibt:

    @ Michael Stöcker
    Erlaube mir auf den Zielweg der amtierenden „Geldprofis“ hinzuweisen
    http://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktien/bundesbank-und-boerse-erforschen-neues-handelssystem-14549755.html
    Sehr wahrscheinlich die Zentralbank kein Konto für Private Haushalte zulassen und als staatliche Clearinginstanz das Geldsystem „regieren“ wollen.
    Staatshaushalte mit heutigen Schuldenständen, werden keine steigenden Zinsen zulassen.
    Von daher ist enrico´s Nullzinskredit die finale Lösung.

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  7. ruby schreibt:

    @ Michael Stöcker
    Erlaube mir auf den Zielweg der amtierenden „Geldprofis“ hinzuweisen
    http://www.faz.net/aktuell/finanzen/aktien/bundesbank-und-boerse-erforschen-neues-handelssystem-14549755.html
    Sehr wahrscheinlich wird eine Zentralbank keine Konten für Private Haushalte zulassen und als staatliche Clearinginstanz das Geldsystem „regieren“ wollen.
    Staatshaushalte mit heutigen Schuldenständen, werden keine steigenden Zinsen zulassen.
    Von daher ist enrico´s Nullzinskredit die finale Lösung.

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    • enrico schreibt:

      merci für den Zuspruch, Ruby — habe allerdings noch etwas Wichtiges vergessen: Wenn die Banken jederzeitig Sichtguthaben in Geld des öffentlichen Girosystems (PGS) einlösen müssen, dann benötigen sie auch ein Konto bei welchem positive Salden erlaubt sind. D.h. die Banken haben dann ZWEI Konten, eines, wo nur negative und eines, wo nur positive Salden möglich sind. Damit können sie von den Haushalten Einlagen übernehmen und diese in Sichtguthaben buchen. Unternehmen, wenn sie zu Sichtguthaben kommen wollen, können dann entsprechend Passiva des PGS den Banken abnehmen (die Unternehmen haben ja nur Konten auf denen nur negative Salden möglich sind). Um Banken- Sichtguthaben einlösen zu können, müssen die Banken also immer entsprechende Einlagen finden. Die Trennung in zwei getrennte Konten deshalb, weil das Geld im PGS nur durch Gehaltszahlungen geschöpft werden darf.

      Damit kommen die Banken aber zu einem Problem z.B. bei der Vergabe von großen Immobilien-Krediten. Sollte der Verkäufer der Immobilie darauf bestehen, den Betrag in PGS-Geld zu erhalten, kommen die Banken sehr schnell in Schwierigkeiten. Hier empfehle ich die sogenannten „Gradualguthaben“, die nur eine schrittweise Auszahlung in PGS-Geld erlauben. Die Verkäufer erhalten also statt Sichtguthaben nur Gradualguthaben, mit denen aber ohne weiteres auch große (Banken-)Kreditschulden sofort getilgt werden können. Diese Regelung würde das Risiko der Banken erheblich verkleinern.

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  8. felsberger2012 schreibt:

    Naja, Herr Enrico, es ist kein Reformvorschlag, den ich hier präsentiere, es ist die Wirklichkeit! Denken Sie sich doch die „Anordnung“ wie folgt: Es existiert nur eine „arbeitende Klasse“, die von den Unternehmen über Schuld entlohnt wird. Diese Arbeiter produzieren Investions- und Konsumgüter, wobei die ersteren nach einem Jahr weggeschmissen werden (Abschreibung = 1 Jahr). Am Ende der Periode gibt es also nur Konsumgüter, deren Preis von den Unternehmen so festgesetzt wird, dass die gesamte Schuld zwar wieder eingetrieben wird, aber Lager übrigbleibt. Dieses Lager, das als Aktivum verbucht wird, ist der Gewinn. Und nun verschulden sich die Unternehmen, um ihren Eigentümern eine Dividende auszubezahlen. Und was machen die Eigentümer? Sie kaufen das Lager und das Geld fließt zurück, womit die Unternehmen sich wieder entschulden. So, und nicht anders, müssen sich die Dividende vorstellen. Es ist der völlig gleiche Verschuldungs-/Entschuldungsmechanismus wie beim Lohn……

    LG
    Alfred Felsberger

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    • enrico schreibt:

      Herr Felsberger, wie kommen dann die Unternehmen zu ihren Rücklagen?

      PS: man muss den Ablauf natürlich pro Produktionsperiode sehen. Es können ja mehrere Produktionsperioden die zeitversetzt sind, nebeneinander ablaufen. Und da ist das betriebswirtschaftliche Ziel, dass am Ende der jeweiligen Perioden mehr Geld eingenommen wird als vorher ausgegeben wurde. So ist es möglich, dass Unternehmen Dividende auszahlen können, obwohl sie gerade verschuldet sind.

      Wie auch immer, Unternehmen KÖNNEN Gewinne in Form von Geldüberschüssen machen und das tun sie nachweislich auch. Und das in der Gesamtheit der Unternehmen mehr als sie Verluste machen. Da Einnahme-Überschuss = Ausgaben-Überschuss, muss es irgendwo einen Ausgabenüberschuss geben, der dem Mehr an Gewinnen entspricht. steigende Staatsverschuldung oder Konsumverschuldung zum Beispiel.

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      • enrico schreibt:

        @felsenberger
        Was ich noch vergessen habe ist der Symmetriebruch in der Sache: Die Gehälter kaufen ja sofort die bereits vorhandenen Konsumprodukte, während die durch Gehaltszahlung entstandenen Schulden erst noch durch die Produktionsketten durch laufen müssen. Die Gehälter von heute kaufen die Produkte von gestern, das ist der Knackpunkt. In Ihrer Anordnung zeichnen sie das als einen geschlossenen Kreis, wo die Gehaltsempfänger erst einmal warten, bis die Produkte fertig sind. Der vermeintliche Kreis ist aber in Wirklichkeit eine Spirale.

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      • felsberger2012 schreibt:

        @Enrico:

        1) „Wie kommen dann die Unternehmen zu ihren Rücklagen?“

        Die „Rücklagen“, wie Sie es nennen, ist zu jeder Zeit das Lager. Es gilt: „Lager = Gewinn vor Ausschüttung“.

        2) „steigende Staatsverschuldung“

        So ist es: G-W-(mehr)G`ist nur möglich, wenn der Staat sich verschuldet. Wäre, wie in meinem Modell, die Staatsschuld Null, ist der Gewinn vor Ausschüttung immer das Lager. G-W-G`ist unter den Bedingungen von „Staatsschuld = 0“ nicht denkbar.

        LG
        Alfred Felsberger

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        • enrico schreibt:

          Herr Felsenberger,
          also ich finde Ihre Anordnung nicht schlecht, man müsste sie jetzt nur noch zur Wirklichkeit machen:

          Das Glanzfelsen-Modell® :

          Es gibt, neben dem bestehenden Bankensystem noch ein öffentliches Giro- und KK-Kreditsystem, wo folgendes zinsfrei geschieht:

          1. Unternehmen:
          Verschulden sich um Gehälter zu zahlen.
          Verschulden sich um Vormaterialien zu kaufen.
          Verschulden sich um Energie zu bezahlen.
          Verschulden sich um Verbrauchstoffe zu bezahlen.
          Verschulden sich um Darlehen für die Ausrüstung zu tilgen.
          Verschulden sich um Darlehenszinsen zu bezahlen.
          Verschulden sich um Sparguthaben für die Ausrüstung zu bilden.
          Verschulden sich um die UnternehmeR zu bezahlen.
          Verschulden sich um Steuern zu bezahlen.

          Und wenn die Produktion fertig ist, dann geben sie all diese Schulden an ihre Kunden weiter.
          Diese Kunden können entweder andere Unternehmen, Haushalte oder der Staat sein.

          2. private Haushalte
          Erschaffen für die Unternehmen Arbeitsergebnisse.
          Erhalten Gehälter in Form von Aktiva-Überschuss.(AS)
          Erhalten Unternehmer-Einkommen in Form von Aktiva-Überschuss.(AS)
          Verkleinern ihren Aktiva-Überschuss indem sie Sparguthaben kaufen(AV).
          Verkleinern ihren Aktiva-Überschuss indem sie Darlehen tilgen(AV).
          Warten bis die Produktion beendet ist.

          Und verkleinern den Aktiva-Überschuss um (Konsum-)Güter zu kaufen(AV).

          AS = Aktivaschöpfung durch Passiva-Abgabe.
          AV= Aktivavernichtung durch Passiva-Aufnahme.

          3. Staat:
          Verschuldet sich um Gehälter zu bezahlen.
          Verschuldet sich um seine Lieferanten zu bezahlen.

          Und gibt diese Schulden laufend an die Steuerpflichtigen weiter.

          4. Das Bankensystem
          Verschuldet sich um Gehälter zu bezahlen.
          Verschuldet sich um Lieferanten zu bezahlen.
          Verschuldet sich um Darlehen zu vergeben.
          Verschuldet sich um Guthaben auszuzahlen.
          Entschuldet sich durch Darlehenszinsnahme.
          Entschulden sich durch Kreditzinsnahme.
          Entschuldet sich bei der Tilgung der Darlehen durch die Darlehensnehmer.
          Entschulden sich durch den Verkauf von Sparguthaben.
          ( im Unterschied zur Banken-Darlehensvergabe findet die Banken-Kreditvergabe außerhalb des öffentlichen Girosystem statt).

          5. Das öffentliche Giro-System selbst, als Unternehmen:
          Verschuldet sich um Gehälter zu bezahlen.
          Verschuldet sich durch Unternehmenspleiten.
          Entschuldet sich durch die KK-Kreditgebühren.
          Entschuldet sich durch Girokonten-Gebühren.

          Man sieht: Es werden nur Schulden bewegt, übertragbares Geld als Aktiva ist also gar nicht notwendig für eine funktionierende Wirtschaft.

          PS: dass sich der Staat im öffentlichen Girosystem (zinsfrei!) verschuldet ist vollkommen in Ordnung, da er ja wirtschaftlich gesehen auch nur ein Unternehmen ist, selbst wenn das Geschäftsmodell bezüglich den Einnahmen leider noch auf Zwang beruht.

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  9. felsberger2012 schreibt:

    Herr Enrico: De facto dreht sich alles um die Verschuldung/Entschuldung der Unternehmen. Es ist völlig egal, ob die Unternehmen eine Anleihe an die Arbeiter als Lohn ausstellen, oder einen Zettel, der beim Kauf der Waren zerrissen wird, oder Geld (=Schuld), das beim Rückfluss getilgt wird. Es ist immer der gleiche Mechanismus: Man verschuldet sich um Arbeitskraft zu kaufen und entschuldet sich, indem man die Waren an die Arbeiter absetzt. Man verschuldet sich, um Dividende zu zahlen und man entschuldet sich, indem man die Waren an die Eigentümer absetzt. Man verschuldet sich, um Zins zu zahlen und entschuldet sich, indem man die Waren an die Zinsempfänger absetzt. Was Sie hier beschreiben, ist nichts anderes als der reale Kapitalismus. Sie haben nichts Neues entdeckt, nur das Alte korrekt dargestelt….

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Lieber Herr Felsberger,

      das große Problem bei Ihren makroökonomischen Aggregatbetrachtungen ist aber doch die fehlende mikroökonomische Fundierung. Als wenn die Erfolgreichen ein Interesse an den Lagerbeständen der weniger Erfolgreichen hätten. Das Interesse des Unternehmers ist doch nicht das Produkt; das ist nur Mittel zum Zweck. Und der Zweck, auf den wir alle getrimmt sind, das ist die monetäre Rendite. Die Lagerbestände sind den cash rich völlig wurscht. Die lustigen Gleichgewichtsmodelle der VWL-Lehrbücher sind doch eine Chimäre und die unsichtbare Hand ist die beste Freundin vom Matthäus. Adam Smith hatte das sehr gut auf den Punkt gebracht in seinem großen Werk, das wohl die wenigsten Ökonomen gelesen haben und von daher auch die unsichtbare Hand völlig fehl interpretieren: Theorie der ethischen Gefühle. Er schreibt im 1. Kapitel:

      Von einer unsichtbaren Hand werden sie dahin geführt, beinahe die gleiche Verteilung der zum Leben notwendigen Güter zu verwirklichen, die zustandegekommen wäre, wenn die Erde zu gleichen Teilen unter alle ihre Bewohner verteilt worden wäre; und so fördern sie, ohne es zu beabsichtigen, ja ohne es zu wissen, das Interesse der Gesellschaft und gewähren die Mittel zur Vermehrung der Gattung. Als die Vorsehung die Erde unter eine geringe Zahl von Herren und Besitzern verteilte, da hat sie diejenigen, die sie scheinbar bei ihrer Teilung übergangen hat, doch nicht vergessen und nicht ganz verlassen.

      Die unsichtbare Hand hat eben schon immer sehr sichtbar dafür gesorgt, dass sich an den herrschenden Verhältnissen nichts ändert. Von einem gesellschaftlichen Optimum bleiben wir von daher meilenweit entfernt: https://soffisticated.wordpress.com/42-das-grose-ganze-und-so/. Es sein denn, man macht es so wie Smith und definiert das Optimum der Gesellschaft über die Vorsehung und somit über die Interessen der 1 – 10 Prozent, die diese Gesellschaft ausmachen. Das ausgeschlossene Gesinde darf dann aber nicht ganz verlassen werden und erhält von daher die zum Leben notwendigen Güter. Wir wollen doch nicht, dass sie einfach wegsterben und sich gar Knappheitsverhältnisse am Arbeitsmarkt einstellen, die das abgehängte Prekariat frohlocken lassen.

      LG Michael Stöcker

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      • felsberger2012 schreibt:

        Lieber Herr Stöcker,

        Jeder erinnert sich noch gut an die Welt des 19.Jhdts. Da gab`s kein G-W-G`, keine „monetäre Rendite“, wie Sie sagen. Da gab`s nur wachsende Aktiva in Form von Liegenschaften, Lager, Patente, usw. bei gleichzeitig marginalen Passiva. Warum war das so? Weil die Staatschuld praktisch Null war, und die Passiva allzuoft nur Lieferantenkredit. In der Welt von heute freilich, wo die Staatschuld astronomische Formen annimt, da beginnt die Jagd nach G-W-G`, nach monetärer Rendite, weil hier alle das gleiche Opfer im Auge haben: den sich verschuldenden Staat, der mit seinen Verbindlichkeiten die Aktivaseite der Unternehmen aufpäppelt….

        PS: Jedes Modell MUSS von einem Gleichgewicht ausgehen. Ein ungleichgewichtiges Modell zu denken, ist (für einen Menschen, nicht für einen Rechner) ein Ding der Unmöglichkeit. Und das Gleichgewicht, das ich beschreibe, ist ein Modell ohne Staatsschuld, indem es folglich auch keine Forderungen der Haushalte (über die Größe des Kapitalstocks hinaus) gibt. Damit ist kein Plädoyer für eine Welt ohne Staatsschuld verbunden, ganz und gar nicht. Damit ist nur gesagt: dass Kapitalismus als Forderungs-Verbindlichkeits-Gleichgewicht gedacht werden kann. etwas, was nebenbei gesagt, die Ökonomen nicht schaffen….

        LG
        Alfred Felsberger.

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  10. felsberger2012 schreibt:

    Herr Stöcker!

    Es gibt viele Wege über die Wirklichkeit, die man Kapitalismus nennt, nachzudenken, und nur die wenigsten sind sich über die Kategorisierung, die hinter diesen Wegen steckt, bewußt. Wir alle sind darauf getrimmt: Marx blind zu folgen. Er alleine beherrscht den Diskurs mit seiner in die Welt geworfenen These, dass Kapitalismus singulär sei, eine neue Ordnung. Man hat sich so daran gewöhnt, dass man selbst das Manko dieser These nicht mehr wahrnimmt: Wenn Kapitalismus tatsächlich eine neue Ordnung ist, dann muß man auch den Zeitpunkt benennen können, wo er sich durchsetzte. Erstaunt liest man bei Marx, dass er, verteilt über das ganze Werk, drei Zeitpunkte für diese Transformation anzubieten hat: Das 14.Jhdt., das frühe 16.Jhdt. und das 19.Jhdt. Der Schelm hat uns reingelegt, und niemand, nicht einmal seine größten Feinde, haben`s begriffen. Es gibt gar keinen Kapitalismus, das ist ein bloßes Gedankenprodukt!

    PS: Akzeptiert man diesen Schluß, dann gibt`s auch keinen Staat, so wie Sie ihn denken, als eine Art Hebel, den man bloß in Bewegung setzen muss, um die Schmerzen zu lindern. Es gibt auch keinen Liberalismus, keinen Keynesianismus und natürlich auch keinen Marxismus. Das Einzige, was es gibt, was sich tatsächlich nachweisen läßt, ist eine Verschuldungs-/Entschuldungslogik, und die reicht historisch weit zurück. Nicht umsonst stoßen wir auf das merkwürdige Phänomen, dass die Antike mit der Moderne mehr gemein hat (sogar in Spuren: den Lohnarbeiter!) als das Mittelalter. Wir müssen umdenken lernen, Herr Stöcker, und besonders müssen wir uns von dem Gedanken trennen, dass der Staat ein Mittel sei um das Leiden der Gequälten zu mindern. Weit gefehlt! Er ist der Dompteur, der Schaffer der Gequälten…….

    LG
    Alfred Felsberger

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  11. felsberger2012 schreibt:

    Noch ein Wort zum Staat, weil mir das wichtig ist, und weil ich das jeden ökonomisch Interessierten nur nahelegen kann: Es gibt nur drei große Denker, die man Soziologen nennen könnte, die den von Marx vorgegebenen Rahmen ignoriert haben: Nietzsche, so offensichtlich, dass man es gar nicht erwahnen muss, Elias in seinem „Prozess der Zivilisation“ und Foucault mit seinen „Staatsstudien“. Sie werden die Großen der Zukunft sein, und die Ökonomen, die sich allesamt Marx fügen, die Zwerge. Was diese drei Denker prima facie auszeichnet, ist ein kritisches Verhältnis zum Staat – der Staat als Dompteur -, während die Ökonomen einen Staatdiskurs in die Welt setzen, der primitiver und naiver gar nicht sein könnte. Die einen, Liberale genannt, negieren den Staat, die anderen, Keynesianer genannt, erklären ihn zum Heiler, und die Dritten, Marxisten genannt, zum Werkzeug einer Klasse. Der Staat ist viel mehr als die Ökonomen, die doch immer nur in ihrem Fach verharren, erahnen. Ich kann jeden ökonomisch Interessierten nur empfehlen seinen Zugang zum Staat über die genannten drei Denker zu vollziehen, und die Ökonomen zu vergessen. Das wäre der erste Schritt zu einer gesellschaftlichen Theorie, die ihren Namen auch verdient……….

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  12. enrico schreibt:

    noch so ne‘ Rede von Zarathustra:

    Irgendwo gibt es noch Völker und Herden, doch nicht bei uns, meine Brüder: da gibt es Staaten.
    Staat? Was ist das? Wohlan! Jetzt tut mir die Ohren auf, denn jetzt sage ich euch mein Wort vom Tode der Völker.
    Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: »Ich, der Staat, bin das Volk. Lüge ist’s! Schaffende waren es, die schufen die Völker und hängten einen Glauben und eine Liebe über sie hin: also dienten sie dem Leben. Vernichter sind es, die stellen Fallen auf für viele und heißen sie Staat: sie hängen ein Schwert und hundert Begierden über sie hin. Wo es noch Volk gibt, da versteht es den Staat nicht und haßt ihn als bösen Blick und Sünde an Sitten und Rechten.

    Da gibt es also (wie Zarathustra vorträgt) Völker und Herden, die sehr wohl Recht und Sitte kennen, aber noch nicht vom Leviathan namens „Staat“ befallen sind.

    Nur: wie halten sich da Recht und Sitten? durch eine gemeinsame Religion? einen gemeinsamen Willen? Wo hört eine Menschengemeinschaft auf und wo beginnt „Staat“? Vielleicht ist es der Punkt, wo bisher überschaubare Gemeinschaften selbstständiger Menschen zu einer gebündelten Massenorganisation wird? In der Masse bildet der einzelne Mensch ein Verhalten aus, das sehr schnell den Interessen aller Beteiligten widerspricht. Das gefährlichste Denken und Verhalten ist dabei das feige Mitmachen und das blinde Folgen des Trends. Kleinststaaten haben da wohl die besten Chancen nicht zu entarten.

    Was aber die Wirtschaft innerhalb einer politischen Gemeinschaft betrifft, ist diese dazu da die Gesamtgemeinschaft zu ernähren. Sie ist dazu da, neben sich selbst auch noch das Rechtswesen und das Kulturwesen zu versorgen. Damit hätten wir einen dreigegliederten Organismus. Nennen wir diese drei Glieder einmal ganz frech Wirtschaftsstaat, Rechtsstaat und Kulturstaat und alles zusammen, den Gesamtstaat. Wenn es nun darum geht wirtschaftliche Fehlentwicklungen zu beheben, wer wäre dann zuständig als Entscheidungsträger? Natürlich der Wirtschaftsstaat! Nur er wäre zuständig z.B. ein Bürgergeld einzuführen. Der Rechtsstaat muss natürlich schauen, dass dabei das Recht eingehalten bleibt. Der Kulturstaat kann dabei Ideen liefern, aber die letztendliche Verantwortung muss beim Wirtschaftsstaat liegen. Der Wirtschaftsstaat ist die Gemeinschaft aller Wirtschafts-Unternehmen und dort Arbeitenden.

    Und genau das haben wir nicht: Alles ist noch zusammengepackt in einem Massenmachtstaat oder Machtmassenstaat.

    Die Ideale der Französischen Revolution lauten Liberté, Egalité und Fraternité. Der Wirtschaftsstaat sollte nach dem Ideal der Brüderlichkeit bestimmt sein, der Rechtsstaat sich nach der Gleichheit richten und der Kulturstaat in Freiheit leben. Da sich diese drei Ideale aber gegenseitig ausschließen, fehlt noch etwas weiteres: La concorde! Das ist das Ideal, nach dem sich der Gesamtstaat richten muss. „Concorde“ könnte man mit „Eintracht“ übersetzen auch wenn das nicht exakt das Gleiche ist.

    „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in Eintracht“ wäre das neue Motto…

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  13. felsberger2012 schreibt:

    Herr Enrico: Das Erste, was man schleunigst ablegen sollte, ist die Vorstellung einer Hierarchie, auch so ein fatales Erbe Marxens. Die Ökonomie dominiert nicht den Staat und der Staat auch nicht die Ökonomie. Stattdessen haben wir es auf allen Ebenen mit Anpassung und Unterwerfung zu tun: Die Einzelnen ordnen sich unter, sie folgen den institutionalisierten Regeln, weil die Nicht-Einhaltung der Regeln Ausschluss aus der Gemeinschaft bedeutet. Sofern es eine Hierarchie gibt, entfaltet sie sich also in dem Verhältnis „Masse zu Einzelner“. Bestimmt die Summe der Einzelnen die Regeln? Oder sind es die überlieferten Regeln, die jeden Einzelnen und damit die Masse formen? Für mich steht völlig außer Frage, dass die Überlieferung der Regeln die wahre Kraft ist, die uns zusammenschweißt. Diese Hierachie zu akzeptieren, bedeutet aber auch den „freien Willen“ aller zu hinterfragen. Man kann es sich nicht so einfach machen und ein Ziel postulieren, das durch Übereinkunft aller dann erreicht werden kann. Aber genau in dieser grotesken Vereinfachung spielt sich Politik und Ökonomie seit je ab……

    PS: Danke für das schöne Zitat. Natürlich, Nietzsche hat etwas Verrücktes an sich. Da gibt`s Sprünge und „Verklärungen“, die man nicht fassen kann. Es gibt keine „heile Welt“ vor dem Heutigen, genau dieser Illusion saß Nietzsche als Altphilologe aber nur allzu gern auf….

    LG
    Alfred Felsberger

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  14. felsberger2012 schreibt:

    PS: Die sog. „Revolutionen“, auf die man so gerne verweist und die man so gerne verklärt, waren nie etwas anderes als Hungerrevolten, allzuoft gepaart mit Krieg. Hunger und Krieg sind die wahren „Regeländerer“ in der Menschheitsgeschichte, nicht der „freie Wille“ aller, was für die Zukunft, zumindest in Europa, „more of the same“ erwarten läßt. Das kluge Wort: „Dass wir in einer Vorkriegsperiode leben, wo sich der Krieg nicht einstellt“ sagt genau das aus……

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  15. ruby schreibt:

    Die Zentralbank und Geldschopfung in den Strukturen der aktuellen Theorien der Poitischen Ökonomie.
    Wäre mein Vorschlag für eine interessante Diskussion 😉

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  16. orbp schreibt:

    Hat dies auf zero2one-inside-hps rebloggt.

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  17. Peter Krall schreibt:

    Die Feststellung, dass bei der Kreditvergabe zugleich Anspruch und Verpflichtung in gleicher Höhe erzeugt werden, ist unbestreitbar. Aber ich frage mich, ob wir die Dynamik der Bewertung von Eigentum und Verpflichtungen nicht etwas allgemeiner sehen müssen, ob es also nicht ein Fehler ist, nur auf Transaktionen zu fokussieren.

    Illustration: Müller und Meier gründen eine AG, jeder legt 50k€ ein. Meier leiht Müller 100k€, und verkauft ihm dann seine 50% der AG dafür. Dann kauft Müller für die 100k€ wieder 50% der Aktion von Meier und Meier gibt ihm die geliehen 100k€ zurück. Alle Schulden getilgt, jeder hat wieder 50% der Aktien. Nur ist die Firma jetzt doppelt so viel wert und muss doppelt so viel Gewinn machen um dieselbe Eigenkapitalrendite zu erzielen. Ist in der Form natürlich albern, aber was tatsächlich passiert ist, dass durch Börsengeschäfte die Marktkapitalisierung von realen Investitionen und Gewinnentnahmen entkoppelt ist. Damit wird die Symmetrie zwischen Verbindlichkeiten und Vermögen gebrochen, indem Vermögen durch Multiplikation am Markt erzielter Stückpreise mit Stückzahl bewertet werden, obwohl die Extrapolation des marginalen Tauschwertes auf die Gesamtheit eigentlich zweifelhaft ist – oder habe ich da einen Denkfehler?

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Nein, Sie haben hier keinen Denkfehler; außer vielleicht, dass Sie glauben, dass es einen natürlichen Anspruch auf eine unveränderliche Mindestrendite gibt.

      Die Ursache für eine höhere Bewertung der Assets liegt nicht nur im Finanzialisierungskredit, sondern insbesondere an den tendenziell fallenden Wachstumsraten und somit einhergehenden fallenden Gewinnraten (säkulare Stagnation). Da der Zins ein Gewinnbestandteil ist, sinkt zugleich das allgemeine Zinsniveau und damit steigt der Gegenwartswert aller Assets; und zwar auch ganz ohne Finanzialisierungskredite. Disparitäten in der Einkommens- und Vermögensverteilung verschärfen selbstverständlich den Druck auf die Assetpreise und führen immer wieder zu Übertreibungen.

      Solange diese Übertreibungen nicht mit einem Bankkredit finanziert wurden, ist das ganze systemisch betrachtet relativ unproblematisch, da die Bewertungsschwankungen über das individuelle Eigenkapital abgefangen werden. Da der Zins ein Gewinnbestandteil ist, stellt sich natürlich die Frage, warum dieser steuerrechtlich vom Gewinn abgezogen werden darf: https://soffisticated.wordpress.com/schulden/

      LG Michael Stöcker

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      • Peter Krall schreibt:

        „außer vielleicht, dass Sie glauben, dass es einen natürlichen Anspruch auf eine unveränderliche Mindestrendite gibt.“

        Glaube ich das? Die erste Antwort wäre natürlich: Nein, unveränderlich sind nur die Gesetze der Physik (und nicht mal das ist im kosmologischen Maßstab sicher). Es kommt darauf an, die Zusammenhänge in der Dynamik von ökonomischen Größen zu verstehen.

        Allerdings führt mein Versuch, eben diese Zusammenhänge zu verstehen, dann schon zur Vermutung eines für Stabilität kapitalistischer Systeme erforderlichen Anspruchs auf eine Rendite in der Nähe des Erwartungswertes des Profits der Implementierung technischen Fortschritts und jeweils über der Wachsumsrate. Hintergrund ist die Bewertung von Investitionsgütern, die bei sehr niedrigen Zinsen am Markt sehr hoch getieben werden können. Das funktioniert auch ohne Bankkredite durch die Multiplikation von Einzelweren und Stückzahlen – Sie verkaufen mir 10000 Aktien der XY-AG zu €1, ich verkaufe Ihnen wieder 5000 zu €2, Sie verkaufen mir 2500… Wir werden beide Idar-Obersteinreich und brauchen zum Start nur 10000 Aktien bei Ihnen und 10000€ bei mir. Und der Witz ist, dass der Börsenwert dann objektiv gerechtfertigt ist, solange der Referenzwert für Zinsen 0% ist und die Aktie überhaupt irgendeine Dividende zahlt, beziehungsweise die Dividende über dem Zinssatz für Kredite liegt. Der Zinssatz legt dabei aber nur den Refernzwert fest, es kommt nicht darauf an, ob ´tatsächlich ein Kredit zur Finanzierung aufgenommen wird. Das funktioniert natürlich auch mit Immobilien: Bei niedrigen Zinsen ist der objektive Wert sehr hoch.

        Andererseits vermute ich, dass der Erwartungswert für die Entwicklung verliehenen Vermögens in einem stabilen System unter der Wachstumsrate liegen muss, weil sonst das Verhältnis von Produktion zu Bewertungen gegen 0 geht und/oder kein Raum für Gewinn aus unternehmerischer Initiative bleibt. Das wiederum erfordert (und da schließt sich der Bogen zur Staatsverschuldung), dass Substanz durch Steuern abgeschöpft und öffentlichen Konsum umgewandelt wird. Diese Substanzbesteuerung widerlegt übrigens meiner Meinung nach auch Binswangers Postulat eines Wachstumszwangs, dessen Beweis ja auf der Annahme beruht, dass sich inaktives Vermögen nicht verändert, so dass Anreize für Aktivität nur aus Wachstum kommen können; Wenn inaktives Vermögen aber abschmilzt kann der Anreiz auch bei Null-Wachstum oder sogar Kontraktion bestehen, solange das aktive Vermögen im Schnitt langsamer schmilzt als das inaktive.

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        • Michael Stöcker schreibt:

          Diese Substanzbesteuerung widerlegt übrigens meiner Meinung nach auch Binswangers Postulat eines Wachstumszwangs, dessen Beweis ja auf der Annahme beruht, dass sich inaktives Vermögen nicht verändert, so dass Anreize für Aktivität nur aus Wachstum kommen können;

          Da bin ich mir nicht so sicher, ob Binswangers Postulat tatsächlich auf dieser Annahme beruht. Bei Binswanger geht es meines Wissens primär darum, wie eine monetäre Mindestrendite dauerhaft gewährleistet werden kann.

          Hintergrund ist die Bewertung von Investitionsgütern, die bei sehr niedrigen Zinsen am Markt sehr hoch getieben werden können.

          Die Bewertung von Investitionsgütern kann sich aber auch durch technischen Fortschritt radikal ändern. Im Extremfall kommt es zu einer Totalabschreibung. Passiert dies im großen Maßstab, dann besteht die Gefahr, dass auch die Kreditketten kollabieren.

          Ganz unabhängig davon ist Ihr Hinweis auf die Substanzbesteuerung aber ein guter Einwand, den Sie hier erheben. Es gibt letztlich zwei Wege aus dem Dilemma: Aktive Besteuerung via Erbschaftssteuer/Substanzsteuer oder aber passive Besteuerung via Helikopter Money und Inflationssteuer; oder natürlich eine Kombination. Das Problem mit der aktiven Besteuerung sehe ich allerdings darin, dass es zu viele Umgehungsmöglichkeiten gibt. Nicht nur international agierende Konzerne haben vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, in welchem Land die Gewinne und Vermögen ausgewiesen werden.

          Was den Wert der Assets anbelangt: Das berührt die Kapitaldebatte zwischen von Weizsäcker und Stefan Homburg. Ich bin eindeutig auf der Seite von von Weizsäcker. Hier finden Sie eine tiefer gehende Diskussion mit von Weizsäcker et. al.

          LG Michael Stöcker

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      • Peter Krall schreibt:

        Sie schreiben (eigentlich eine Ebene tiefer, aber da ist kein ‚antworten‘ link:

        „Da bin ich mir nicht so sicher, ob Binswangers Postulat tatsächlich auf dieser Annahme beruht. Bei Binswanger geht es meines Wissens primär darum, wie eine monetäre Mindestrendite dauerhaft gewährleistet werden kann.“

        ‚Binswanger‘ war als Referenz wohl zu allgemein. Konkrete hatte ich mich auf folgenden Artikel bezogen:

        Klicke, um auf Journalofpostkeynesianeconomics.pdf zuzugreifen

        Eine Formulierung der Annahme ist:

        „Banks have to increase their own capital (equity and reserves) along with the increase in loans, as a certain fraction of loans must be covered by owners’ capital. therefore, a portion of banks’ profits is retained and not put back into circulation. Instead it is used to
        increase bank owners’ capital. “

        Nun ja, das ist irgendwie klar: Wenn das Eigenkapital der Banken wächst und damit das Vermögen der Besitzer von Banken, und wenn diese Vermögenszugewinne nicht irgendwie in den Konsum fließen, dann fehlt das Geld in den Einnahmen der Unternehmen, die für den Konsum produzieren. Wenn aber Vermögen durch privaten Konsum oder Besteuerung permanent abgeschmolzen wird, dann kommt das Geld eben durch privaten oder öffentlichen Konsum in den Einnahmen der produzierenden Unternehmen an, und ein Gleichgewicht ohne Wachstum ist möglich. Natürlich kann es dann gerade keine ständige Zunahme des Eigenkapitals der Banken geben, sondern die Banken müssen durch Dividendenzahlung die Mittel für den privaten Konsum der Eigentümer, oder für deren Steuerschuld und den resultierenden öffentlichen Konsum bereitstellen.

        Weiter schreiben Sie:

        „Es gibt letztlich zwei Wege aus dem Dilemma: Aktive Besteuerung via Erbschaftssteuer/Substanzsteuer oder aber passive Besteuerung via Helikopter Money und Inflationssteuer…. Das Problem mit der aktiven Besteuerung sehe ich allerdings darin, dass es zu viele Umgehungsmöglichkeiten gibt.“

        Das Problem der Umgehungsmöglichkeiten besteht in der Tat. Allerdings besteht es auch für Unternehmensgewinne. Die nationalstaatliche Ausgestaltung von Steuern ist unter heutigen Randbedingungen eigentlich obsolet. Immerhin ließe sich aber Immobilienbesitz unabhängig vom Wohnort des Besitzers besteuern. Andere Ideen, wie zum Beispiel die Neuausgabe von jährlich 2% Aktien und Übetragung an den Staat, der sie dann zur Finanzierung verkauft, sind national eher nicht umsetzbar – obwohl das eigentlich elegant wäre, weil es auch unabhängig vom Wohnort der Aktionäre eine Vermögensbesteuerung ermöglichte.

        Schließlich:

        „Was den Wert der Assets anbelangt: Das berührt die Kapitaldebatte zwischen von Weizsäcker und Stefan Homburg.“

        Es gibt schon einen Zusammenhang. Aber der Wert der Deutschen Bank, beziehungsweise eines Depots von DB-Aktien, ist allein dieses Jahr erst auf die Hälfte gefallen, dann in kurzer Zeit um 70% gestiegen, am Freitag wieder um 4% gefallen. Dem standen keine Dividendenausschüttungen oder Kapitalerhöhungen entgegen. Bei Alphabet, Apple oder Exxon sind die Schwankungen nicht ganz so irrsinnig, aber 30% in eine paar Monaten sieht man da auch. Was immer also der Wert einer Beteiligung an einem Unternehmen sein mag: Er ist nicht aus einigermaßen stabilen Gewinn- und Risikoerwartungen als Verzinsung eines eingesetzten Kapitals zu bestimmen.

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  18. Philip Kohlbacher schreibt:

    Sehr geehrter Herr Stöcker,
    meines Erachtens ein sehr schöner Beitrag, aber die Behauptung zu Anfang, Staatsschulden würden keine extra Nachfrage schaffen sondern lediglich die Geldhaltung der Privaten kompensieren, wundert mich.

    Ihre folgenden Ausführungen beweisen, dass Sie es besser wissen, deshalb erstaunt dieser Abschnitt: „Dabei ist zu beachten, dass im Falle der Staatsverschuldung erst einmal kein neues Giralgeld geschöpft wird, sondern aus Anlegersicht eine Sichtforderung gegen die Bank (also mein Giroguthaben) in eine Forderung gegenüber dem Staat umgewandelt wird. Es findet also keine zusätzliche expansive Nachfrage statt, sondern fehlende private Nachfrage wird durch staatliche Nachfrage substituiert“

    Bei Makroskop (damals noch flassbeck-economics) hat man seinerzeit netterweise auf eine entsprechende Nachfrage von mir reagiert. Wohl nur im Abo sichtbar, aber ich schließe nicht aus, dass Sie eines haben: https://makroskop.eu/2015/10/der-staat-die-zentralbank-und-das-frische-geld-bei-wem-steckt-der-schwarze-peter/

    Mit beste Grüßen

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Nun, ich sehe keinen Widerspruch zwischen dem, was Sie schreiben und ich geschrieben habe. Aber vielleicht habe ich ja nicht deutlich genug formuliert. Insofern danke für Ihre Klarstellung. Ich habe mir den Beitrag von Dirk Ehnts, auf den Sie verweisen, mal durchgelesen. Er ist – wie meistens bei Ehnts – absolut lesenswert.

      LG Michael Stöcker

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      • Philip Kohlbacher schreibt:

        „Erst einmal“ ist die Staatsverschuldung sehr wohl expansiv. Dies kann durch spätere Verkäufe von Staatsanleihen an Nichtbanken lediglich wieder neutralisiert werden.

        Mir erscheint ihre Formulierung missverständlich. Aber vermutlich sind wir uns in der Sache einig…

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  19. Yellow Submarine schreibt:

    Eine Eingehung auf die Wertbegründung fehlt. Der Wert einer Geldeinheit entsteht ausschließlich durch den zentralinstanziellen Zwang, Geldeinheiten zum Termin an die Zentralinstanz liefern zu müssen (Steuererhebung). Ein Guthaben auf Geld entsteht an der Basis ausschließlich durch Kreditforderung (Finanzierung). Mit den Refinanzierungsrunden von Staatstiteln geht das Problem einher, dass sich die Laufzeiten der Kontrakte zunehmend verkürzen. Es wäre toll, wenn du die zugrundeliegenden Refinanzierungsgeschäfte und daraus resuliertende Entwicklung der Laufzeiten mit einbeziehen würdest. Geld ist keine einmal erschaffene und damit vorhandene Menge, sondern eine Summe,die Fälligkeit hat, die nur solange existiert, wie das zugrundeliegende Refinanzierungsgeschäft läuft.

    Und diese Fälligkeit wird aufgrund der fehlenden Verschuldungsfähigkeit der Privaten zum eigentlichen Problem. Wir brauchen neue Finanzierungen, keine weiteren Refinanzierungsrunden. Refinanzierbare Staatstitel kaufen (finanzieren) sich schließlich nicht von selbst, sondern sie müssen in bereits vorhandenen Geldeinheiten bezahlt werden (Ausleihung -> Anleihe).

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    • Michael Stöcker schreibt:

      Der Wert einer Geldeinheit entsteht ausschließlich durch den zentralinstanziellen Zwang, Geldeinheiten zum Termin an die Zentralinstanz liefern zu müssen (Steuererhebung).

      Nein, die Lieferung von Geldeinheiten (an wen auch immer) erzeugt noch lange keinen Wert. Die Werte müssen schon zuvor geschaffen worden sein. Und diese Wertschöpfung beginnt mit dem Investitionskredit. Und diese Kredite müssen anschließend wieder zurück geführt werden. Die eigentliche Zentralinstanz ist hierbei aber nicht der Staat (Steuererhebung) sondern die Bank, die den Kredit gewährt hat.

      Staatsschulden sind in aller Regel vergangenes Nichts. Daraus einen Wert ableiten zu wollen ist schon etwas gewagt. Aus individueller Sicht haben sie natürlich für den Inhaber einen Wert, da sie in liquiden Märkten jederzeit in Geld transformiert werden können.

      Was zusätzliche Finanzierungen angeht: Jein! Allerdings mehr Ja als Nein. Oder eben ein zentralbankfinanziertes Bürgergeld.

      Man könnte auch ganz einfach noch zusätzlich die Erbschaftssteuer aktivieren. Die erste Million pro Kind ist steuerfrei, jede zusätzliche Million wird mit zusätzlich 10 % besteuert. Über 10 Mio greift dann der Spitzensteuersatz von 90 %. Wer z. B. 100 Mio erben sollte, dem verbleiben dann immer noch 14,5 Mio arbeitsfreies Einkommen. Kein wirklicher Grund für wirtschaftliche Not. Wer finanziell mit der Steuerzahlung überfordert ist, der kann sein Vermögen auch einem noch zu gründenden staatlichen Erbschaftsfonds übertragen.

      Refinanzierbare Staatstitel kaufen (finanzieren) sich schließlich nicht von selbst, sondern sie müssen in bereits vorhandenen Geldeinheiten bezahlt werden.

      Auch hier ein klares Jein. Bei Fälligkeit gibt’s Cash vom Staat und damit können dann wieder die zu refinanzierenden Titel erworben werden. Nur in Höhe der Zinsen benötigen wir ohne zusätzliche Kreditexpansion bereits vorhandenes Geld, da diese auf die alten Schulden einfach draufgeschlagen werden.

      LG Michael Stöcker

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      • Frisian submarine schreibt:

        @Michael Stöcker,

        Der erste Absatz Ihres Beitrages mit der Sichtweise

        „Die eigentliche Zentralinstanz ist hierbei aber nicht der Staat (Steuererhebung) sondern die Bank, die den Kredit gewährt hat.“

        lässt vermuten, dass Sie in Ihren Betrachtungen die Ökonomie der Zentralmacht voranstellen – und denken vielleicht noch, dass der Staat und die Volkswirtschaft gemeinsam entstehen und wachsen. Damit stehen Sie in der Tradition der gegenwärtigen ökonomischen Lehren.

        Das steht ganz im Gegensatz zum Debitismus, in dem es zuerst eine Zentralmachtordnung mit ihren Instanzen gibt, die vorfinanziert werden müssen. Die Volkswirtschaft ist eine Folge des Debitismus und dient dem Erwirtschaften von Schuldendeckungsmitteln. Die Steuern sind die Besicherung der Verschuldung.

        Sie und @Yellow submarine führen damit ‘Reden ohne Antworten‘ in entgegengesetzte Richtungen.

        MfG Frisian submarine

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        • Michael Stöcker schreibt:

          Was den Ursprung anbelangt bin ich ganz auf der Seite des Debitismus. Ökonomie ohne Zentralmacht ist undenkbar und die gängigen Vorstellungen zur Tauschökonomie sind albern, da sie die wichtigste Dimension sozialer Interaktion ausblenden: die Zeit. Michael Ende hatte die Bedeutung der Zeit im Kontext unseres Geldsystems in seinem Roman Momo auf großartige Weise herausgearbeitet. Verstanden haben es wohl die wenigsten. Werner Onken ist hier eine Ausnahme gewesen: Die ökonomische Botschaft von Michael Endes „Momo“.

          Und wenn Sie meinen Essay zur monetären Krise des Kapitalismus gelesen haben sollten, dann werden Sie feststellen, dass es hier sehr viele Überschneidungen mit PCM gibt.

          Noch kurz zum Erwirtschaften der Schuldendeckungsmittel: Der potenzielle Konflikt besteht doch zwischen den Schulden und den Deckungsmitteln in einem modernen Kreditgeldstandard. Schulden haben einen fixierten Wert, der exakt dem Preis entspricht (1 Euro ist immer 1 Euro). Die Deckungsmittel haben hingegen einen relativen Wert, dessen Preis großen Bewertungsschwankungen unterliegen kann. Insbesondere die gesellschaftliche Verteilung der Schuldentilgungsmittel (aka Geld) hat eine Rückwirkung auf den Wert der Deckungsmittel.

          Das Thema Wert und Preis hatten wir Anfang des Jahres schon einmal kurz gestreift. Hier der Link. Man kann es auch mit Oscar Wilde auf den Punkt bringen: „Heutzutage kennen die Leute von allem den Preis und von nichts den Wert.“ Ansonsten ist zur Wert- und Preisproblematik im Kontext der Säkularen Stagnation der von ruby verlinkte Beitrag im DLF richtungsweisend und thematisiert mit einem etwas anderen Fokus, was Summers und Turner vor kurzem diskutiert hatten: Investigating ‘Secular Stagnation’.

          Die Steuern sind die Besicherung der Verschuldung.

          Wenn überhaupt, dann lediglich für die Staatsverschuldung. Aber auch das ist mehr als zweifelhaft, da Staatsschulden grundsätzlich revolviert werden. Und in einem Negativzinsumfeld zeigt sich das Besicherungsargument aus einer ganz anderen Perspektive: Entschuldung durch Verschuldung. Schön und sinnvoll ist das ganze natürlich nicht.

          LG Michael Stöcker

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    • ruby schreibt:

      Da knüpft Richard Werner mit seiner umfassenden Fleissarbeit an
      https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1057521915001477#bb0740
      The credit creation theory of banking also
      Die Kredit Schöpfung Theorie des Banking ist prinzipiell eine gegenstandlose, zeitlose!

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  20. ruby schreibt:

    Sehr interessant zum abnehmenden Wachstum in der ersten Ableitung aus Marxens Werk
    http://www.deutschlandfunk.de/re-das-kapital-4-6-der-niedergang-des-kapitalismus.1184.de.html?dram:article_id=370390
    Mason berät Corbyn

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